Stories, Charas, BegegnungenRollenspiel-Paradies |
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„Bitte verzeih mir. Nichts liegt mir ferner, als dir ein solches Gefühl zu vermitteln. Nenne mich wie auch immer es dir beliebt. Solange du dich damit wohl fühlst ist mir alles recht. Aber bedenke eins: Ich bin nur ein alter Mann, daran ist nichts, aber auch rein gar nichts beeindruckend.“, erklärte er entschuldigend, aber ernst und gänzlich ohne Lächeln im Gesicht. Es war wirklich nicht seine Absicht gewesen, dass Salina sich schlecht neben ihn fühlte. Sie ein wenig ärgern, ja, aber offensichtlich hatte er es übertrieben, was er nun ehrlich bereute. Bald darauf fand er sein Lächeln aber wieder. „So und jetzt schlage ich vor vergessen wir, dass diese Unterhaltung jemals stattgefunden hat. Wie hat deiner Mutter eigentlich das Geschenk gefallen? Oder war ihr Geburtstag noch gar nicht?“, fragte er um schnellstmöglich das Thema zu wechseln.
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Salina begriff nicht ganz, weshalb Viktor sich selbst so herunterspielte und dabei so ernst war, aber sie wollte ihn nicht danach fragen oder bedrängen. Und als er das Thema wechselte, wenn auch recht offensichtlich, war sie sehr dankbar dafür und ihre Miene hellte sich ebenfalls wieder auf.
„Oh doch, ihr Geburtstag war am letzten Freitag. Wir haben am Wochenende mit der Familie gefeiert und sie hat sich sehr über das Geschenk gefreut. Vielen Dank noch mal für die Hilfe dabei. Und auch danke nochmals für ihr Geschenk, Viktor.“
Salina war wirklich froh, ihm begegnet zu sein und die Kette machte sie gleich noch glücklicher. „Um aufs Tanzen zurück zu kommen...“, fing Salina schließlich an, „meinten Sie das ernst? Also, dass man öfter tanzen sollte, meine ich.“

Viktor lächelte wieder. „Es freut mich, dass ich dir helfen konnte. Dass ich dir eine Freude machen konnte, natürlich auch. Und das mit dem Tanzen. Natürlich meine ich es so! Wir neigen dazu unser Leben mit Pflichten und Aufgaben zu überladen. Und dabei vergessen wir leider meist den ganzen Spaß, den wir verpassen! Versteh mich nicht falsch, harte Arbeit ist wichtig um seine Ziele zu erreichen, aber Spaß macht das Leben lebenswert. Man muss die richtige Mischung finden. Und an dieser Stelle muss ich dir sagen, dass du eine ganz wunderbare Tanzpartnerin bist. Und es würde mich in der Tat freuen, dieses Erlebnis häufiger mit dir zu teilen.“, sagte er ruhig, musste dann aber über sich selbst lachen. „Merkst du wozu du mich verleitest? Ich klinge wie ein junger Bursche, der um ein Date bittet. Kaum zu glauben.“
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Salina lächelte glücklich und sah nun mutiger zu ihm auf. „Nun, dann schlage ich vor, dass wir diesen Spaß tatsächlich öfter teilen. Und wenn Sie sich in ihrer Vorstellung als junger Bursche, der um ein Date bittet, wie sie so schön sagten, nicht gefallen...naja dann könnten wir einfach sagen, dass das Tanzen eine Motivation für ihre neue Angestellte ist, um sie zu Bestleistungen zu verleiten. Klingt das besser für sie, Mr Dimitritsch?“, schlug sie lächelnd vor und betonte seinen Nachnamen am Ende ganz bewusst um ihn ein wenig zu necken. Scheinbar musste sie tatsächlich nur ein wenig auftauen, um mit Viktor entsprechend der Umstände umgehen zu können.

„Nun,“ begann Viktor und grinste schief. „in Anbetracht dessen, wie sehr sich dieser junge Bursche gerade freut, behalte ich diese Rolle vielleicht noch einen Moment bei.“ Eher zufällig fiel sein Blick auf Lucius und Alice, die wohl schon vor geraumer Zeit die Tanzfläche verlassen hatten, die beiden Tanzenden nun mit vielsagenden Blicken beobachteten und sich zwischendurch kichernd etwas zuflüsterten. Grinsend verdrehte Viktor die Augen und machte Salina auf ihr Publikum aufmerksam. „Was hältst du von der Idee, wenn wir den beiden jetzt nochmal zeigen, was wir können und uns dann wieder zu ihnen gesellen?“, fragte er auffordernd.
Als die beiden zurück zum Tisch gingen wurde besonders Lucius' Grinsen immer breiter. „Na, Spaß gehabt?“ „Durchaus, aber mich wundert, dass du so schnell schlapp gemacht hast. Bist du etwa aus der Übung, mein Lieber? Du lässt dich gehen.“, konterte Viktor lachend, setzte sich und trank einen kräftigen Schluck aus seinem Glas.
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Liam sah genervt auf die Uhr. Wo blieben die denn? Es war schon nach Mitternacht, Ember schlief noch, aber alles andere als friedlich. Über den Tag hatte Liam im Grunde alles abbekommen. Von Strömschlägen, über Dinge die abstürzten und ihm entweder auf den Fuß fielen oder am Boden zerbrachen. Aber auch von Scherbenhaufen, die verschwanden und zwar keine neue Vase hinterließen, dafür aber auch keinen Schmutz. Liam hatte sich bei den ersten Malen noch stark gewundert, aber so langsam kristallisierte sich Embers Fähigkeit heraus und er wollte sie gern mit seinen Kollegen besprechen.
Schließlich griff er gereizt zum Handy und ging in einen Nebenraum, um Ember ihren Schlaf zu lassen. Mittlerweile hatte er sie nach oben getragen und in das Zimmer verfrachtet, in dem auch er seine erste Alkoholnacht verbracht hatte.
„Komm schon...geh ran, Viktor“, beschwor er sein Handy, während es tutete. Schließlich ging die Mailbox ran und Liam fluchte, während die Ansage ihm nahe legte, seine Nummer und seinen Namen zu hinterlassen, damit er zurückgerufen werden konnte. Nach den Piepen wetterte Liam los:
„Nabend Viktor. Liam hier. Hör mal, ich hab die Kleine über den Tag beobachtet und siehe da, es hat was gebracht! Aber da du es dir ja nicht persönlich anhören kannst, hier eine kleine Erklärung der Lage: Ember hat im Grunde den ganzen Tag mit schlafen verbracht, was ich ihr echt nicht verübeln kann. Sie schläft auch jetzt noch. Und ihre Signatur wird tatsächlich nur im Schlaf und AUSSCHLIEßLICH in ihrer REM-Phase aktiv. Das ist doch mal spannend, oder?
Der Haken ist nur, dass sie dabei ihre Umgebung beeinflussen kann. Unterbewusst nehm ich an. Also nimm ihr die eine oder andere zerbrochene Vase bitte nicht übel, ja? Es sind keine großen Schäden entstanden und ich habe, abgesehen von kleinen Missgeschicken, auch nichts abbekommen. Und seltsamer weise ist das, was geschieht, nicht nur negativ. Sie lässt auch schlechte Eindrücke, wie zum Beispiel hinterlassene Scherben verschwinden!
Lass uns später noch mal darüber reden. Oer morgen, denn ich werd mich jetzt nach meiner Babysitter Schicht hinlegen und schlafen. Und bitte erst mal kein Wort zu Lucius. Zumindest keines, nach dem er der Kleinen wieder ans Leder will.
Wir sehn uns. Bis dann.“
Liam legte auf. Eine Weile starrte er noch auf das Handy und drehte sich dann zur Zimmertür um, hinter der Ember schlief. Die letzte Tiefschlafphase hatte ziemlich lange angehalten, aber die nächste REM-Phase würde nicht ausbleiben. Mit einem Seufzen schlich er sich wieder in Embers Zimmer, machte es sich dort in einer Ecke auf einer Chaiselongue bequem und beobachtete die schlafende Kleine, bis ihm die Augen zu fielen.

Es war bereits früh am morgen, als die Gruppe den Pub schließlich verließ. Viktor war bereits vor den anderen vor die Tür gegangen um sich telefonisch um ein Taxi zu kümmern, bei der Gelegenheit hörte er auch Liams Nachricht ab und ärgerte sich darüber, sein Handy nicht klingeln gehört zu haben. Als er dann aber darüber nachdachte, was er in dem Moment gamacht hatte, grinste er nur schief.
Das Taxi ließ nicht lange auf sich warten. Ganz wie die Gentlemen, die sie waren brachten Viktor und Lucius natürlich zuerst die Damen nach Hause. Alice bedankte sich überschwänglich für den wunderschönen Geburtstag und drückte sowohl ihrem Chef als auch dessen Freund einen Kuss auf die Wange, der wohl im größten Teil seinen Ursprung im überdurchschnittlichen Alkoholkonsums der heutigen Nacht hatte. Darüber gefreut haben sich die beiden dennoch. Salina wurde erst nach Alice nach Hause gebracht und von Viktor besonders freundlich verabschiedet. Er hatte den Abend mit ihr wirklich genossen und machte auch keinen Hehl daraus.
Schließlich erreichten sie Viktors Villa, bezahlten den Fahrer und machten sich auf den Weg zur Eingangstür. „Lucius, ich hatte vorhin eine Nachricht von Liam auf der Mailbox. Es ist alles in Ordnung, aber er hat etwas über Embers Signatur herausgefunden. Sie erscheint nur, wenn sie schläft. Das heißt, wenn du heute Nacht etwas spürst, dann dreh bitte nicht durch. Sie schläft nur und Liam ist bei ihr. Wir können morgen in aller Ruhe darüber reden, ok? Ich bin gerade auch viel zu müde mich damit zu beschäftigen.“, erklärte Viktor ruhig und war fast überrascht, als Lucius keine Einwende aussprach sondern einfach nur stumm nickte.
Ember streckte sich ausgiebig als sie in dem gemütlichen Bett aufwachte. Dann erst realisierte sie, dass sie keine Ahnung hatte wo genau sie war und sah sich skeptisch um. Sie beruhigte sich erst, als sie Liam auf dem Psychologensofa halb liegend, halb sitzend aber gänzlich schlafend entdeckte. Und sie lächelte, als ihr klar wurde, dass er wohl die ganze Nacht auf sie aufgepasst hatte. Langsam stand sie auf und ging zu ihm rüber. „Hey Liam, wach auf und leg dich ins Bett. Das Ding ist doch sicher furchtbar unbequem.“, versuchte sie ihn sacht zu wecken.
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Die Stimme, die Liam Weckte, war zwar freundlich, dennoch sorgten seine Reflexe und Erfahrungen dafür, dass er aufschreckte und zeitgleich mit dem Augenaufschlag einen seiner Dolche Zog.
Als er Ember vor seiner Nase erkannte, die es ja nur gut mit ihm meite, seufzte er und steckte den Dolch wieder weg. „Meine Fresse...Ich hätte auf dich los gehen können, Ember. Weck mich das nächste mal entweder gar nicht, oder aus nem sicheren Abstand, können wir uns darauf einigen?“ Stöhnend stand er auf und drehte den Kopf ein Mal zu beiden Seiten, sodass es in seinem Nacken knackte, aber danach fühlte er sich tatsächlich nicht mehr ganz so gerädert.
Nachdem sein Nackenproblem gelöst war, wandte er sich wieder an Ember. „Und, ausgeschlafen? Ich warn dich lieber schon mal vor: dich erwartet heute ein langes Gespräch mit Viktor, Lucius und mir, wenn es hart auf hart kommt. Ich glaube nämlich herausgefunden zu haben, was es mit deiner Kraft auf sich hat. Aber ich bin ganz optimistisch, dass es gut läuft.“
Er streckte sich ausgiebig und gähnte. Müde fuhr er sich mit einer Hand durchs Gesicht und stellte fest, dass er sich entweder mal wieder rasieren sollte, oder sich für einen Vollbart entscheiden müsste. Also entschuldigte er sich kurzerhand und ging in eines der Badezimmer um zu duschen und sich irgendwie wieder wie ein...naja wie ein Engel zu fühlen. Oder zumindest wie ein Mensch. Das würde für den Anfang reichen.

„Ist das normal oder hast du schlecht geträumt?“, fragte Ember vorsichtig als Liam die Klinge bereits wieder sinken ließ. Auf seinem Vorschlag, ihn wenn dann nur mit Sicherheitsabstand zu wecken, musste sie kurz kichern. „Als ob du mir wirklich etwas antun würdest. Sorry, aber soviel Angst ich anfangs auch davor gehabt haben mag, dass du mir wegen nem 10er die Beine brichst, den Joker hast du schon lange verspielt.“ Ihre gute Laune war dahin, als Liam sie über die heutige Aufgabe informierte. Seufzend setzte sie sich auf das Ding, auf dem Liam die Nacht verbracht hatte, während dieser sich ins Bad zurückzog. Als er wieder kam, wischte Ember sich hektisch einige Tränen aus dem Gesicht. Ihre Augen waren rot, als sie versuchte Liam anzulächeln, wobei sie alles andere als überzeugend wirkte. „Sag mal.“, fing sie leise an. „Wer entscheidet, ob ich zu gefährlich bin? Dieser Lucius? Oder der andere Typ? Du wohl kaum, oder?“ Es schwang Hoffnung in ihren Fragen mit, die bereits bei ihrem nächsten Blick wieder verflogen war.
Lucius steckte mit dem Kopf gerade im Kühlschrank als Viktor die beiden Kaffeebecher auf den Tisch stellte. Bald darauf nahm der Engel ihm gegenüber Platz, nippte an seinem Kaffee und bis von seinem Erdbeermarmeladencroissant mit Honig ab.
„Sei nett zu ihr.“, bat Viktor ihn ohne von seiner Zeitung aufzusehen.
„Sie ist...“, protestierte Lucius als Viktor ihn seelenruhig unterbrach.
„Ein Dämon, ja. Aber das ist auch schon alles, was du ihr vorwerfen kannst und da kann sie doch nun wirklich nichts für. Sie zeigt nicht eine typische Charaktereigenschaft der Dämonen, mit denen wir uns sonst auseinandersetzen müssen.“ Er hob den Blick von der Zeitung und sah Lucius eindringlich an. „Sie greift nicht an, nicht einmal wenn sie in die Ecke gedrängt wird. Sie versucht immer nur abzuhauen. Jeder Engel in ihrer Situation wäre aggressiver.“
„Viktor, bitte. Du hast ihre Signatur nicht gespürt! Wir reden nicht von irgendeinem 0-8-15-Dämon. Sie besitzt ein Potenzial, dessen Ausmaße ich nicht erfassen kann. Das ist es, was mir wirklich Sorgen macht. Was ist, wenn sie nur mit uns spielt und nur auf die richtige Gelegenheit wartet uns zu beseitigen?“
„Weißt du eigentlich wie paranoid du dich gerade anhörst?“, fragte Viktor und besah seinen Freund mit sorgenvoller Miene.
„Du nennst es Paranoia, ich nenne es Vorsicht. Auch wenn weder du noch Liam es wahr haben wollt, man kann einem Dämon nicht trauen. Niemals! Und dieses Mädchen ist gefährlich! Ich fürchte, wenn ihr das nicht bald einseht, wird sie Liam die Flügel kosten... Und dir das Leben...“
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Als Liam geduscht und mit sauber gestutztem Bart aus dem Badezimmer kam, entging ihm nicht, was in der Luft lag. Als Ember zu ihm aufsah, bestätigte sich sein Verdacht. Sie weinte tatsächlich. Langsam trat er an sie heran und lächelte schließlich leicht, wobei er ihr seine rechte Hand auf den Kopf legte. „Du packst das schon. Und keine Panik, das wird nicht von einem Einzelnen entschieden. Wir haben da alle ein Wörtchen mitzureden. Sogar du. Also beruhig dich. Klatsch dir kaltes Wasser ins Gesicht oder was auch immer. Mach dich fertig und komm dann runter.“ Dann ließ er seine Hand sinken, prüfte noch mal alle seine Waffen auf Anwesenheit und verließ dann das Zimmer.
Schon auf dem Weg nach unten konnte er Lucius und Viktor hören. Zwar nur sehr leise, und er konnte nicht alles verstehen, aber Lucius' Haltung Ember gegenüber war auch ohne verständliche Worte mehr als offensichtlich.
Schweigend betrat Liam die Küche, befahl der Kaffeemaschine mit wenigen Tasten, ihm einen Muntermacher zu servieren und gesellte sich schließlich mit seinem dampfenden Becher zu Viktor und Lucius an den Tisch, wo er sich zurücklehnte, die Beine an den Knöcheln überkreuzte und an seinem Kaffee schlürfte.
„Sagt mal“; setzte er schließlich an, „hab ich eben noch meinen Namen von euch gehört, oder hab ich mir das eingebildet?“, fragte er nüchtern, ohne einen von beiden anzusehen oder gar die Augen zu öffnen. Kurz bevor er die Küche betreten hatte, hatte er nur seinen Namen, den von Ember und irgendwas von Flügeln aufgeschnappt.

Viktor warf einen fragenden Blick zu Lucius, dieser jedoch ignorierte die unausgesprochene Aufforderung zu einer Erklärung. Seufzend setzte Viktor schließlich selbst zu einer Antwort an. „Lucius macht sich nur Sorgen um uns. Er befürchtet, das Mädchen könne unsere Bemühungen ihm zu helfen ausnutzen und uns ins Verderben stürzen. Was, laut seiner Meinung, auf das Ende meines Lebens und deiner Existenz als Engel hinausliefe. Habe ich deine Gedanken soweit korrekt zusammengefasst, du paranoider Sturkopf?“ Lucius sah seinen freund zunächst nur zornig an, schüttelte dann aber seufzend den Kopf. „Ich sage nur, dass ihr beide sehr viel riskiert, wenn ihr ihr vertraut. Zu viel für meinen Geschmack.“ Viktor wollte etwas erwidern, hielt aber inne als Ember in der Tür stand, gekleidet in ein zu großes, graues Hemd, dessen Ärmel aufgekrempelt wurden und einer mittellangen, schwarzen Sporthose. Ihre Haare waren noch feucht und hingen strähnig von ihrem Kopf. Der kleine Drache schien noch gar nicht richtig wach zu sein, müde trottete er hinter ihr her. „Ich dachte, es wär vielleicht besser, wenn ich nicht stinke wie ein Iltis. Geht doch klar, dass ich mir 'n paar Klamotten ausgeliehn hab, oder?“, fragte sie vorsichtig, wobei sie ihren Blick auf Viktor fixierte. Immerhin war er der Hausheer, wenn sie das richtig verstanden hatte, außerdem wollte sie nicht riskieren Lucius direkt ansehen zu müssen. Viktor nickte und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. „Sicher. Setzt dich doch. Möchtest du einen Kaffee?“ Ember schüttelte den Kopf während sie sich neben Liam setzte. „Schon gut. Ich trinke keinen Kaffee, riecht aber geil.“, lehnte sie ab und ihr Blick wanderte zu Liam. Auch Viktor und Lucius wendeten sich nun an den Engel auf Bewährung. „Also, du wolltest uns etwas erklären?“, war es schließlich Lucius, der das Wort an ihn richtete.
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Liam stellte seinen Becher Kaffee auf dem Tisch ab und lehnte sich dann seelenruhig zurück. Seine Aufmerksamkeit galt vorrangig Lucius, da er die größte Gefahr im Raum darstellte und Liam machte keinen Hehl aus seinen Bedenken, denn er legte seelenruhig seine beiden Schusswaffen vor sich auf den Tisch. Geladen, gesichert, griffbereit.
„Tja…gestern hat unser Gast die Zeit genutzt, um sich gründlich auszuruhen. Das ulkige daran war, dass ich im Gegenzug nicht eine ruhige Sekunde hatte.“ Er blickte kurz zu Ember und ließ den kurzen Anflug eines Grinsens sehen, der aber sofort wieder verschwand, als er sich wieder Lucius zuwandte.
„Während sie geschlafen hat, ist ihre dämonische Seite aktiv geworden. Es handelt sich um eine Kraft, auf die sie derzeit nur im Unterbewusstsein und während ihrer REM-Phasen Zugriff hat. Jedes Mal, wenn sie unruhig wurde – ich würde da mal auf Albträume tippen – hatte ich…sagen wir ein bisschen Pech. Entweder ist mir was auf den Fuß gefallen, ohne dass ich etwas bewegt hätte, oder ein Glas hatte plötzlich einen Sprung. Letztlich ist sogar eines zersprungen. Ihre Kraft hat also durchaus destruktive Merkmale.“
Liam schluckte unmerklich und trank noch etwas Kaffee. Dann sprach er in aller Ruhe weiter.
„Ich kann mir vorstellen, dass du sie als Risiko betrachtest, Lucius. Trotz allem verwendet sie ihre Kraft weder bewusst noch gezielt auf jemanden. Wir haben hier eine Chance. Wir haben die Möglichkeit, sie nicht nur einfach zu bekehren oder ihr die Absolution zu erteilen. Wir können etwas ÄNDERN. Ja, sie ist ein Dämon, aber einer, der nie absichtlich Schaden angerichtet hat. Mir ist kein weiterer derartiger Fall bekannt. Dir etwa?
Wenn wir ihr helfen, ihre Kraft zu beherrschen und sie auf die richtige Weise einzusetzen, haben wir alle mehr davon, Lucius. Und ich bitte dich, auch an deine Aufgabe in dieser Sache zu denken.“
Liam bedachte seinen Kollegen und Aufpasser mit einem strengen Blick. Er spielte ganz bewusst auf die Umstände seiner Bewährung an und darauf, dass er sich beweisen musste, um seinen Status wieder rein zu waschen. Ember war für ihn ein Ausweg aus seiner eigenen Vorhölle, sie war sein Ticket in die Sicherheit. Aber sie war auch sein Schützling. Ohne, dass Liam es sich ausgesucht hatte oder beeinflusst worden war, so war er doch einfach so zu ihrem Schutzengel geworden. Ob er es wollte, oder nicht. Und diesen Job würde er verdammt ernst nehmen.
Wenn Lucius in seiner Rolle als Bewährungshelfer in der Chefetage punkten wollte, würde er Liam unterstützen müssen. Und das sollte ihnen beiden klar sein. Dennoch war nichts für Liam sicher. Lucius hatte einen guten Stand unter den Engeln und wenn er einen Dämon auslöschte, war es ebenso eine Belohnung für ihn. Ember am Leben zu lassen wäre ein Risiko für ihn, ebenso wie für Liam. Wenn sie scheiterten, drohte Liam der Fall, Lucius im Schlimmsten Fall ein Tadel. Somit war Liams Einsatz deutlich höher, aber er kannte Lucius Stolz. Einen Fleck in seiner weißen Weste würde er bestimmt nicht so einfach hinnehmen. Liam konnte also nur hoffen, dass Lucius Güte nicht nur Gerede war.

Lucius hatte Liam genau zugehört, war jedem seiner Worte mit ernster Miene gefolgt und hatte dabei immer mal wieder einen skeptischen Blick auf Ember geworfen. Diese hing geradezu an Liams Lippen, auch wenn es ihr nicht so vorkam, als würde er da gerade über sie sprechen. Dafür klang das ganze doch sehr unglaubwürdig, dennoch wusste sie, dass er die Wahrheit sprach. Als Liam seine Ausführungen schließlich beendet hatte, antwortete Lucius nicht. Zunächst musterte er nur seinen Gegenüber und dessen Schützling. Sein Blick war geprägt von Misstrauen und etwas wie einem sehr alten Hass gegenüber dem, was sich ihm gerade in Form eines Mädchens präsentierte. „Sie ist und bleibt ein Dämon, eine potenzielle Gefahr und als eine solche vertraue ich ihr nicht. Nicht im geringsten.“ Er trank einen nachdenklichen Schluck aus seiner Kaffeetasse und bemerkte nur aus den Augenwinkeln, dass Viktor etwas sagen wollte. Doch Lucius war in diesem Moment nicht dazu bereit seinen Gedankengang unterbrechen zu lassen und so reichte eine einzige Handbewegung aus um seinen Freund zum Schweigen zu bringen.
„Ich gebe offen zu, dass ich mich wohler fühlen würde, wenn wir uns ihrer entledigten. Dennoch... Wenn du mit all dem, was du über sie sagst tatsächlich recht haben solltest, nun, dann gibt es leider auch für mich keinen legitimen Grund ihr die Absolution zu erteilen.“ Embers Blick erhob sich gleichsam überrascht, wie auch skeptisch in die Richtung des ihr so unsympathischen Engels. Sie war sich fast sicher, dass sie seine Worte völlig falsch verstanden hatte und noch bevor sie die Botschaft ganz verarbeitet hatte sprach Lucius weiter.
„Sie bekommt diese eine Chance, mehr nicht. Und solltest du dich in ihr täuschen, dann wirst du es sein, der die Konsequenzen zu tragen hat. Du wirst ihr die Absolution erteilen. Und damit meine ich das komplette Ritual, wie aus dem Lehrbuch. Hast du mich verstanden? Das ist keine Strafe, die ich dir gerade androhe, ich will nur sicher sein, dass dir eines ganz und gar bewusst ist: Wenn du gerade einen Fehler machst und sie dich hintergeht, dann musst du diesen Fehler korrigieren. Wenn du das nicht tust verlierst du in dem Moment mit sofortiger Wirkung deine Flügel und fällst. Sollte es soweit kommen, werde ich es sein, der euch beiden die Absolution erteilen muss.
Also, bist du dazu bereit zu tun was nötig ist? Und bist du bereit es zu tun, sobald ich es von dir verlange? Ich bin gewillt deiner Intuition eine Chance zu geben, aber ich muss mich darauf verlassen können, dass du mir und meiner Einschätzung genügend Vertrauen entgegenbringst, dass du diese Entscheidung alleine mir überlässt. Kannst du das? Bist du dazu imstande mir die gesamte Entscheidungsgewalt zu überlassen und meinen Forderungen zu folgen, sollte sich die Notwendigkeit ergeben?“ Lucius war ernst und ruhig, man sah ihm an, dass ihm diese Entscheidung, dieses Angebot sehr viel abverlangte und nun sah er mit fragendem Blick zu Liam, auf eine Antwort wartend. Auch Viktor und Ember schlossen sich dieser fragenden Stille an. Viktor überraschte das Angebot seines Freundes während Ember gespannt auf Liams Antwort wartete. Sie vertraute ihm mehr als genug um es ganz ihm zu überlassen, wobei sie selbst mit weitaus schlimmeren Forderungen gerechnet hätte.
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Aufmerksam lauschte Liam den Ausführungen seines Kollegen. Seine Bedenken waren wohl durchaus berechtigt und seine Sorge hätte Liam beinahe gerührt, wäre er nicht allgemein ein so kühler Geselle. Die Klarstellungen und Forderungen schmeckten dem hochgewachsenen Kämpfer allerdings nicht, auch wenn er genau wusste, dass sie recht und billig waren. Wenn Ember wirklich zur Gefahr wurde, musste er es selbst sein, der sie bezwang. Ob sie das überleben würde, hinge dann von der Schwere ihrer Vergehen und ihres Wandels ab. Er konnte nur hoffen, dass Ember, egal wie es ausgehen würde, die Sache überstand.
Er warf dem Mädchen einen strengen, prüfenden Blick zu, als müsste er noch einmal abwägen, ob er dieses Risiko wirklich eingehen wollte, aber eigentlich stellte sich diese Frage nicht. Schließlich wandte er sich wieder Lucius und Viktor zu. „Einverstanden. Sollte sie zu einer Gefahr werden, kümmere ich mich um sie und trage alle Konsequenzen. Egal wie sie ausfallen mögen. Ich werde deinen Weisungen nach bestem Gewissen folgen, Lucius. Aber dir will ich auch etwas klar machen: Ich werde Ember um jeden Preis vor jedweder Gefahr schützen. Sei dir dessen bewusst. Und solltest du eine Gefahr für sie darstellen wollen, die außerhalb dieser Abmachung liegt oder die ich als ungerecht erachte, werde ich bei unserem nächsten Kampf nicht zögern oder stoppen. Ich hoffe, das ist dir bewusst, Lucius. Unter diesen Bedingungen, und nur unter diesen Bedingungen, gehe ich die Vereinbarung mit dir ein.“
Liams Stimme war kühl, sachlich und absolut ernst und er würde auch jetzt nicht zögern, sollte es nötig sein, Ember zu verteidigen.

Lucius grinste schief, wobei sich sein linker Mundwinkel schelmisch nach oben zog. „Na, wer entwickelt denn da gerade ein ausgewachsenes Schutzengelsyndrom?“, fragte er lachend und nippte an seinem Kaffee. Er hielt den Becher mit beiden Händen umschlossen und genoss die sanfte Wärme, die von ihm ausging. Nachdenklich senkte er seinen Blick in sein Getränk und nickte schließlich sacht. „Gut, ich bin einverstanden.“, meinte er ruhig woraufhin Ember sich zu Wort meldete: „Momentchen mal! Das war's? Ich hab mich vorhin völlig umsonst vor lauter Panik übergeben? Wollt ihr mich eigentlich verarschen?! Davor hatte ich so nen Schiss?!“
„Was hattest du denn erwartet?“, fragte nun Viktor freundlich.
„Keine Ahnung... Folter oder ne Teufelsaustreibung à la Exorzist, ein brennendes Kreuz vielleicht oder wenigstens ein paar Kerzen und jemand, der Bibelzitate brüllt, sowas halt.“, beschrieb Ember ihre Vermutungen, sodass Viktor sich ein kurzes Auflachen nicht verkneifen konnte und sogar Lucius musste wieder grinsen.
„Du bist nicht von einem Dämon besessen, Liebes, du bist selber einer.“, begann Lucius wobei sich sein Grinsen in etwas wandelte, das Ember es eiskalt den Rücken hinunterlaufen ließ. „Aber wenn du darauf bestehst, stellt Viktor uns sicher gerne die entsprechenden Räumlichkeiten zur Verfügung und ich zünde dir dazu auch mit Freuden ein paar Kerzen an.“
„Ne ne, danke, passt schon...“, antwortete Ember mit deutlichem Kloß im Hals.
„Dacht ich's mir doch.“
„Genug jetzt Lucius. Ich denke du hast dem Mädchen mehr als genug Angst eingejagt. Du könntest dich ja zur Abwechslung mal von deiner netten Seite zeigen.“, versuchte Viktor seinen Freund zu zügeln. Dieser lächelte entschuldigend zunächst in Viktors Richtung, dann in die des Mädchens. „Verzeih, eine 700 Jahre alte Gewohnheit legt man nur schwer ab.“
Embers Augen wurden groß, als sie die Jahreszahl hörte und sie ertappte sich dabei, wie sie sowohl Lucius als auch Liam skeptisch beäugte, miteinander verglich und sich insgeheim fragte wie viele Jährchen ihr Schutzengel wohl auf dem Buckel hatte.
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

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