Stories, Charas, BegegnungenRollenspiel-Paradies |
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Ember runzelte die Stirn und betrachtete Liam skeptisch und ausgiebig. "Du willst mir sagen, dass du ein Engel bist? Du?! Wirklich?" Sie muss den Blick abwenden und fängt plötzlich an zu lachen. Kurz scheint sie sich beruhigt zu haben, doch als sie ihn wieder ansieht hatte sich das mit der Ruhe erledigt. "Scheiße, ich hab nem Engel die Kohle abgezogen!", prustete sie unter Lachtränen. "Und dein Boss, von dem du geredet hast? Das ist dann wohl....?", sie sprache es nicht aus sondern zeigte nur mit einem fragendem Blick nach oben gen Himmel. Lachend legte sie ihren Kopf auf die Sofalehne und starrte an die Decke. "Es gibt einen Gott.", stellte sie ruhiger fest und schien dabei ihre ganze Fröhlichkeit verloren zu haben. "Es gibt so viel Scheiße. Allein in dieser Stadt. Jede Nacht sterben hier Menschen, erschossen wegen nem Tütchen Gras. Und irgendwo da oben sitzt einer und guckt sich das ganze Schauspiel an." Als sie Liam nun wieder ansah war ihr Gesicht von Tränen benetzt. "Es gibt ihn und er sieht sich die ganze Scheiße an? Warum? Warum bin ich auf der Straße fast an ner scheiß Lungenentzündung verreckt? Warum konnte dieses Schwein von Pflegevater damals seine Pflegekinder vergewaltigen? Warum müssen junge Mädchen sich auf der Straße prostituieren weil sie sich bei den falschen Leuten Geld für ne Abtreibung leihen mussten?
Verdammt, ich war mir immer sicher, dass es keinen Gott geben kann. Nicht bei dem ganzen Mist, den ich erlebt hab und jetzt erzählst du mir, dass es einen gibt? Und es ihm egal ist oder was? Warum?" Ember hatte angefangen Liam anzuschreien. Sie steigerte sich immer weiter in ihre Wut, Verzweiflung und Entteuschung.
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Liam konnte Embers Reaktion wieder nur mit Staunen betrachten. Bei ihrem ausgewachsenen Lachanfall hatte er sogar selbst ein wenig schmunzeln müssen, doch ihre Stimmung schlug schneller um, als er geahnt hätte. Sie steigerte sich in einen Zorn hinein, den er voll und ganz verstehen konnte, und den er ihr dennoch erklären und ausreden musste. Er musste, leider Gottes, wie man so schön sagte, seinen Boss verteidigen, so gut es ging. Immerhin war es seine Aufgabe als Engel, den Menschen das Gute näher zu bringen. Genauer betrachtet war Ember jedoch nicht mal ein Mensch. Da war ihre Wut dann ja wohl mehr als gerechtfertigt.
Während er so sinnierte, erkannte er viel zu spät, dass sich Tränen in ihren Augen gesammelt hatten und nun saß sie da vor ihm...und weinte.Sie weinte, war wütend und ganz offensichtlich ebenso enttäuscht vom großen System wie er. Er hätte sie zu gern getröstet, aber er wusste nicht, wie er das anstellen sollte. Sie saß da zitternd und weinend, völlig aufgelöst und er blöder Idiot bekam es nicht hin, sie zu beruhigen. Er hätte in ihrer Lage wohl die ganze Wohnung zerlegt oder etwas in der Art, aber das konnte er ihr wohl kaum empfehlen.
Wieder sah er auf seine Hände. Dann wieder zu Ember und zurück. Schließlich stand er auf, ging zu ihr und kniete sich vor ihr auf den Boden, um mehr oder weniger auf ihrer Augenhöhe zu sein. Ihr eine Hand auf die Schulter zu legen oder nach ihren zitternden Fingern zu greifen vermied er aber, da er sie nicht noch mehr verunsichern wollte.
„Hey...Ich weiß, es ist scheiße, wie es hier läuft... Ich weiß, dass hier zu viel passiert, was verhindert werden sollte. Ich...“, er unterbrach sich, denn was sollte er sagen? Ihr versprechen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen? Das konnte er nicht, selbst, wenn er wollte. Es lag nicht in seiner Macht. Und sein Chef, der blöde Wichser, bzw der verdammte blinde Vollidiot, war einfach nichts weiter als ein chaotischer Drecksack. Die Menschen waren ihm ungefähr so wichtig, wie eine Ameisenkolonie im Schaukasten. Er wollte, dass sie überdauerten, aber wie genau, wie viele Opfer es gab und wie die Hierarchie aussah, war ihm scheißegal. Aber das konnte er Ember jetzt unmöglich sagen.
Frustriert seufzte er und raufte sich die Haare, ehe er wieder zu Ember aufsah und ihrem von Tränen getrübten Blick begegnete. „Vergib mir...dass ich nicht ungeschehen machen kann, was hier passiert ist. Was dir passiert ist. Ich kann nur...ich kann nur von jetzt an dafür sorgen, dass es besser wird. Und ich werde alles in meiner Macht stehende tun, damit es besser wird. Ok?“
Er wusste nicht, wieso, aber mit einem Mal fühlte sich Liam für all das verantwortlich, was für Ember schief gelaufen war. Natürlich war es nicht seine Schuld, aber ihr Schicksal traf ihn seltsamerweise an einem wunden Punkt. Und er konnte nicht anders. Er MUSSTE einfach für sie kämpfen und sie beschützen. Vielleicht würde auch er, wenn er Ember helfen konnte, selbst wieder heilen.

Diese Nacht war zu viel für sie gewesen. Zu viel neues, zu viele Emotionen, dafür viel zu wenig Schlaf. Sie zitterte noch immer, die Tränen hatten den Stff ihrer Jeans durchnässt und sie schniefte leise als sie den Blick zu Liam hob. Dann aber lächelte sie. Zunächst matt und gezwungen, dann ein wenig ehrlicher. Dazu stuppste der kleine Drache tröstend mit seinem Kopf gegen ihr Kinn. "Mal ehrlich, ich hoffe du bist so ne Art Racheengel des Todes, diese fürsorgliche Schiene steht dir nämlich echt mal gar nicht.", kicherte sie verweint und musterte ihren knienden Gegenüber. Dann grinste sie närrisch. "Wenigstens hat der Typ da oben seine Engel ganz gut hingekriegt. Biertrinkende, pizzafutternde Engel mit 3-Tage-Bart. Vielleicht nicht so ganz das, was ich mir vorgestellt hätte...."
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Liam grinste schief auf ihren Kommentar. „Racheengel vielleicht nicht, aber ich bin auch nicht von der klassischen Sorte. Und die Muster-Engel wären dir wohl zu langweilig, die sind nämlich alle fromm und brav und haben weiße Flügel. Ich dagegen...naja lassen wir das. Sagen wir einfach, ich tanze ein wenig aus der Reihe.“
Dann erhob er sich wieder und wandte sich zum gehen. „Brauchst du noch irgendwas? Überlegs dir gut, ab morgen lass ich die nette Schiene wieder weg, nur, dass du schon mal vorgewarnt bist“, wies er sie mit einem verschmitzten Lächeln auf ihren eigenen Wunsch hin.
„Ansonsten würd ich erst mal vorschlagen, dass wir ne Runde schlafen. Morgen steht nämlich wieder einiges an. Also erhol dich. Ach ja und sorg bitte dafür, dass dein kleiner Zippo nichts ankokelt oder meine Bude abfackelt, ja?“

"Warte.", meinte Ember etwas energischer als sie eigentlich beabsichtigt hatte und sprang auf. Sie zwang sich langsam zu gehn und trat an seine Seite. Dann schloss sie ihre Arme um ihn und drückte ihn fest an sich. "Danke.", flüsterte sie, bevor sie losließ und sich abwendete damit er nicht sah, dass sie ziemlich rot angelaufen war. Ohne ihn nochmal anzusehn, legte sie sich auf das Sofa und wünschte ihm eine gute Nacht.
"Setzt dich endlich hin, du machst mich wahnsinnig!", wiederholte Viktor seine Bitte zum gefühlten hundersten mal. Lucius ließ dies allerdings gänzlich unbeeindruckt, er lief weiter von einer Ecke des Raumes in die andere, zwierbelte seinen Bart und murmelte vor sich hin. "Ich wusste, ich hätte ihn zu seiner Wohnung bringen sollen. Warum hab ich ihn nur allein gehen lassen? Er hat doch sicher irgendeinen Mist verzapft! Und warum hat er sich überhaupt bei dir gemeldet? Ich bin immerhin für ihn verantwortlich. Und dann auch noch mit Begleitung! Ich bin mir sicher, dass es mir nicht gefallen wird, sonst hätte er doch einfach sagen können wen er da anschleppt. Oder was denkst du?" Viktor seufzte. "Ich denke, dass du dir viel zu viele Sorgen machst."
Ember gefiel das ganze nicht. Jetzt musste sie auch noch 'die anderen' treffen. Sie mochte es nicht Fremde um sich zu haben, um so mehr um so schlimmer. Liam kannte sie immerhin auch kaum, das sollte doch eigentlich reichen. Er allerdings schien da anderer Meinung gewesen zu sein. Jetzt fand Ember sich zumindest in seiner Begleitung vor einer gigantischen Villa wieder, von der sie sicher war, das ein einziger Gegenstand, geklaut aus dieser Behausung, ausreichen würde um die Mieten ihrer Wohnung bis an ihr Lebensende zu zahlen.
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Liam gähnte ausgiebig, als er mit Ember vor Viktors Villa ankam. Er hatte Viktor in der Nacht noch eine Nachricht auf den AB seines Handys gesprochen, dass er am nächsten Tag mit jemandem speziellen zu ihm kommen würde und dass er sich darauf einstellen sollte durchaus auch dauerhaft öfter Besuch da zu haben. Viel mehr hatte er nicht gesagt und dann versucht zu schlafen. Das allerdings war ihm gründlich misslungen. Nach Embers Überfall, kurz bevor sie beide schlafen gegangen waren, war er zwar erleichtert gewesen, dennoch hatte er miserabel geschlafen. Das Bett war einfach viel zu weich gewesen. Darüber musste er mit Viktor auch noch reden.
Jetzt galt es aber erst ein Mal, den beiden zu verklickern, dass er die Quelle der Signatur gefunden hatte, und dass sie nur noch herausfinden mussten, was genau Embers Kräfte waren. Vielleicht war sie ja auch gänzlich ungefährlich, was Liam nur recht gewesen wäre.
Als Liam einen prüfenden Blick auf seine Begleiterin warf, der beim Anblick der Villa schon beinahe die Augen aus dem Kopf zu fallen schienen, konnte er nicht anders, als sie leicht gegen die Schulter zu boxen. „Wehe dir, wenn du was mitgehen lässt. Der Kerl der hier wohnt ist ein guter Freund. Und mein Kollege, der ebenfalls hier ist, ist zwar nicht mein Fall und geht mir tierisch auf den Sack, aber auch den wirst du nicht beklauen, haben wir uns verstanden?“, ermahnte er sie noch kurz und betätigte dann die Klingel. Er hoffte bloß, dass Lucius dieses Mal etwas ruhiger bleiben würde, wenn er Ember sah. Beim letzten Treffen war sein sonst so gut gelaunter Kollege ja förmlich durchgedreht, als wäre ihre Signatur ein rotes Tuch gewesen. Aber Lucius' Abneigung gegenüber Dämonen war auch kein Geheimnis unter Engeln und Liam stellte erstaunt fest, dass er beiläufig noch alle seine Waffen auf Anwesenheit prüfte und im Kopf deren Verfassung durchging.

"Die meisten Leute, die so wohnen merken gar nicht wenn hier und da ne Kleinigkeit abhanden kommt....", murmelte Ember zur Antwort. Sie warf einen kurzen Blick auf den Drache, der sich unter ihrer Jacke verkrochen hatte, starrte dann aber abwartend auf die Tür.
Als es schließlich klingelte wollte Lucius bereits zur Tür stürmen, Viktor aber hielt ihn von seinem Vorhaben ab, manövrierte ihn auf einen Sitzplatz und öfffnete dann selbst die Eingangstür. Was er dort sah, ließ ihn kurz stutzen. "Nun, DAS ist.... interessant.", stellte er fest und trat zur Seite um den Weg hinein freizugeben.
Ember schluckte, als sie die skeptischen Blicke des Mannes auf sich spührte und unterbewusste rückte sie dicht hinter Liam.
Als die beiden Besucher schließlich eintraten, hatte Lucius seinen Platz längst wieder verlassen, Nun starrte er mit großen Augen auf das Mädchen, dass Liam dort im Schlepptau hatte. "Du hast sie gefunedn.", stellte er nüchtern, geradezu kalt fest und fing an sie zu umkreisen, während er sie von oben bis unten musterte. "Nicht die geringste Signatur.... Seltsam....", murmelte er abwesend und streckte seine Hand nach ihr aus, gerade so als wolle er prüfen, ob er etwas spühren können, wenn er sie berühre. Doch bevor es soweit kommen konnte schoss der Kopf des Drachen unter Embers Jacke hervor und schnappte Lucius kräftig in die Hand, sodass er diese ruckartig zurückzog und sowohl Drache als auch Mädchen böse anfunkelte.
"Oh shit! Tut mir leid! Wirklich!"; entschuldigte sie sich schnell und warf dann einen hilfesuchenden Blick zu Liam.
Lucius ignorierte die Entschuldigung, zog ein Taschentuch zum Vorschein und wickelte es um seine blutende Hand. Auch er richtete sich nun an Liam. "Wo hast du sie gefunden und wie hast du es geschafft sie so bereitwillig hier her zu schaffen? Und vor allem: Weißt du was mit ihrer Signatur los ist? Was ist sie?"
"Lucius, sei ein bisschen netter zu dem Mädchen, du verängstigst sie noch.", warf Viktor ein und erntete ebenfalls böse Blicke von Lucius. "Das einzige, was wir mit Sicherheit wissen ist, dass sie ein Dämon ist. Meines Erachtens nach sind Nettigkeiten an dieser Stelle nicht angebracht."
JEtzt wurde Ember skeptisch und musste sich einmischen. "Moooment mal! Ein Dämon? Ich bin kein Dämon! Meine fresse, ich hab echt viel Scheiße gebaut, aber ich bin doch kein Dämon!", protestierte sie und warf erneut einen Blick zu Liam, in der Hoffnung er würde sie in ihrer Aussage bestärken.
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Ok, das war nun wirklich sehr schnell aus dem Ruder gelaufen und Liam schob sich, kaum das Lucius angefangen hatte, Ember lauthals als Dämon zu bezeichnen, zwischen seinen Kollegen und das Mädchen, um jeden Blickkontakt zu unterbinden.
„Fahr dich mal ganz schlagartig wieder runter, Lucius. Sie ist nicht hier, um sich von dir ankeifen zu lassen. Ich habe sie hergebracht, damit sie euch kennen lernt und wir in Ruhe über den Trubel in ihrer Wohnung reden können“, versuchte Liam möglichst ruhig zu erklären, aber ihm platzte schon jetzt fast der Kragen. Er hatte Ember langsam vorbereiten wollen, in Ruhe mit ihr und den anderen über das reden, was sie war und was vielleicht nicht. Vielleicht hätte er am Telefon etwas konkreter sein sollen, aber das hatte er nun auszubaden.
„Hätte ich gewusst, dass du tatsächlich dermaßen durchdrehst, obwohl sie dir nichts tut, hätte ich sie sicherlich nicht hier her gebracht.“ Kurz drehte er sich zu Ember um und wollte ihr einen entschuldigenden Blick zuwerfen, aber auch sie schien den Braten gerochen zu haben und das Problem zu begreifen. Er konnte ja leider nicht das Gegenteil behaupten und sagen „Ach was, mach dir keinen Kopf, du bist ein stinknormaler Mensch!“ Aber er konnte jetzt auch nicht einfach stumm bleiben, nachdem Lucius mit allem um sich gefeuert hatte, was zur Verfügung stand.
Genervt knurrte er und funkelte seinen Kollegen wütend an. Liam hatte ohnehin schon einen verdammt kurzen Geduldsfaden und der war auch nicht aus Stahl. „Lucius, ich schwöre dir, wenn du jetzt noch einen Ton von dir gibst, dresche ich dich durch die nächste Wand. Also halt den Ball flach und lass mich das erklären, einverstanden?“ Es war weniger eine Frage, als ein Befehl und er konnte nur hoffen, dass sein Kollege einlenkte.
Hilfesuchend sah er zu Viktor, den er mit einem knappen Nicken auf Lucius ansetzte, um diesem im Ernstfall den Mund zuzuhalten oder ihn festzunageln. Dann drehte Liam sich zu Ember um.
„Wir haben doch gestern über meine Art gesprochen. Der Charmebolzen da ist für gewöhnlich ein absoluter Musterengel, auch, wenn man es ihm grad nicht abnimmt“, begann Liam und rang um Beherrschung, widerstand aber der Versuchung seine Hände zu Fäusten zu ballen, bis die Knochen knackten. „Er hat den Haken, dass er bei Dämonen extrem empfindlich reagiert. Und der Knackpunkt an dieser Situation ist, dass wir wissen, dass du kein normaler Mensch bist, Ember. Das weißt du genau so gut wie ich. Dein Drache ist gestern nicht einfach so aufgetaucht. Ich bin mir sicher, dass du das ausgelöst hast.“
Liam atmete tief durch und raufte sich die Haare, bevor er weitersprach. „Ember, wir müssen wissen, was du bist. Versteh das nicht falsch, dir wird nichts passieren, dafür sorge ich. Und hier rührt dich auch niemand an. Versprochen. Aber wir müssen herausfinden, ob du einen dämonischen Teil in dir hast. Weißt du...auch gestern Nacht, als ich schon im Wohnzimmer war, noch bevor du mich gerufen hast...da habe ich eine Kraft gespürt, die von dir ausgegangen ist und die einer dämonischen Energiesignatur sehr ähnlich ist. Deshalb dreht mein Kollege da auch grad so am Rad.
Fakt ist aber, dass diese Energie jetzt eben nicht mehr da ist. Und wir müssen wissen, wieso.“
Man, was ein Vortrag. Liam würde es Ember nicht mal übel nehmen, wenn sie sie alle spätestens jetzt für verrückt erklären und ihnen den Mittelfinger zeigen würde. Aber verschweigen konnte er es ihr auch nicht länger. Langsam trat er an Ember heran und streckte ihr seine rechte Hand entgegen.
„Ich verspreche dir, dass dir nichts passieren wird. Vertrau mir einfach, ok? Und wenn ich dich in deinen Augen irgendwie hintergehen sollte, darfst du mir eine verpassen oder sonstwas. Deal?“

"Nach Engel beklauen kommt dann also Engel verprügeln, hm? Danke aber darauf kann ich verzichten. Warum sollte ich dir verlogenem Arschloch vertrauen? Du hälst mich für einen Dämon? Hättest gestern jawohl genug Gelegenheit gehabt mir das zu erzählen. Aber weißt du was? Ist mir egal, ich verpiss mich jetzt!", meinte Ember nur und wendete sich zum gehen. Sie war nicht davon ausgegangen, dass man sie einfach so ziehen lassen würde, aber was dann passierte überraschte sie doch. Kalte goldene Ketten schlungen sich um ihren Leib und mit einem heftigen Ruck wurde sie zurück gezogen. Sie verlor ihr Gleichgewichtig und landete unsanft auf ihrem Rücken. Nur um dann über den Boden geschleift zu werden. Ihr Fluchen verstummte erst als sie in das kalt lächelnde Gesicht von Lucius blickte, der das andere Ende der Kette in der Hand hielt. "Es ist mir gleich was Liam in dir zu sehen glaubt oder eben nicht zu sehen glaubt. Ich zumindest sehe einen Dämon, den ich nicht einschätzen kann und damit eine potenzielle Bedrohung." Viktor seufzte. "Lucius, bitte. Wir wissen beide, dass Liam nicht gerade zimperlich in Bezug auf Dämonen ist und dass er eher zu wenig als zu viel Pazifismus an den Tag legt. Ja, es ist notwendig sie zu beobachten, aber wir müssen doch nichts überstürzen. Sieh sie dir an. Ich glaube sie hatte bis dato wirklich keine Ahnung, was sie ist. Lass sie den Schock erstmal verdauen. Ich meine sie wirkt doch ganz umgänglich und bisher hat Sie nicht einmal versucht uns zu bekämpfen. Sie ist immerhin friedlicher geblieben als du.", redete Viktor möglichst ruhig auf seinen Freund ein. Lucius brummte nur irgendwas unverständliches und löste die Ketten auf. Nur an den Knöchel blieb die Fesselung bestehen. Immerhin konnte Ember sich wieder hinstellen aber die Idee von Flucht hatte sich fürs erste erledigt. Sie war wütend. Wütend auf Liam, aber vor allem auf sich selbst. Stärker als die Wut war aber die Panik, die sich in ihr ausbreitete. Und so war der eigentlich zornig gemeinte Blick, den sie Liam zuwarf eher hilfesuchend und vor allem voller Angst. Sie hatte ihm vertraut und sie ertappte sich dabei, dass sie es noch immer wollte. Sie wollte diesem Mann um jeden Preis vertrauen.
Embers Gendanken wurde von Lucius' Stimme unterbrochen, der sich zwar wütend aber bereits gefasster an Liam richtete. "Sie ist kein Gast hier, verstanden? Sie ist ein Dämon und damit eine Gefangene. Aber, solange sie keine Dummheiten macht, verspreche ich ihr nichts zu tun." Viiktor nickte Liam kurz und kaum merklich zu. Lucius war ihm gerade extrem entgegengekommen. Wer ihn lang genug kannte, wusste, dass er Ember am liebsten gleich getötet und wenigstens gewaltsam verhört hätte.
Ember selbst sagte nichts mehr dazu. Ängstlich sah sie zu Boden und wagte es nicht Lucius' Blick zu kreuzen.
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Wutentbrannt hatte Liam zugesehen, wie Lucius Ember in Ketten legte und gewaltsam davon abhielt, zu gehen. Er hatte schon seine Schusswaffen gezückt und auf Lucius gerichtet, sich der Konsequenzen voll bewusst, aber dann war Viktor eingeschritten und hatte den anderen Engel besänftigen können, soweit es ging. Zu Liams Zufriedenheit lösten sich die Ketten wieder auf und man ließ Ember aufstehen, aber die Kette an ihrem Knöchel störte ihn noch immer. Lucius‘ Kommentar zu ihrem Status war da auch keine große Hilfe.
Wortlos ging er auf Ember zu und zog sein Katana. Mit einem gezielten, machtvollen Hieb, der Viktor fast den Marmorboden kostete, zerschlug er die Kette und deutete dann mit seinem Schwert auf Lucius. „Ich habe sie nicht als euren Gast hergebracht, also mach dir darum keine Sorgen. Aber sie wird auch nicht deine Gefangene sein. Sie ist MEIN Gast und steht somit unter meinem Schutz. Ich übernehme die volle Verantwortung für sie und ihre Taten. Und ich dulde es nicht, dass du dich ihr gegenüber wie ein Wahnsinniger aufführst. Haben wir uns verstanden, Lucius?“
Liams Stimme war kalt und bestimmt und auch Viktor warf er einen Blick zu, der keine Zweifel daran ließ, dass Liam es todernst meinte. Auch Lucius bedachte er erneut mit einem strengen Blick und steckte schließlich sein Schwert zurück in die Scheide.
Als nächstes galt seine Aufmerksamkeit Ember, die er kritisch musterte, um sicher zu gehen, dass sie unversehrt war. „Ich weiß, ich hab mich nicht brillant angestellt. Ich wollte dich gestern aber nicht noch mehr verunsichern. Entschuldige. Wenn wir nachher wieder bei mir sind, kannst du mich meinetwegen löchern. Oder du machst es hier, wenn du nicht warten willst. Ich versichere dir aber, dass dir kein Leid zugefügt wird. Jetzt, da Lucius sich auch gefangen hat, müssen wir uns vorerst keine Sorgen mehr machen. Ist das okay für dich? Oder willst du noch immer gehen?“

Ember war zurückgezuckt, als Liam mit gezogener Waffe auf sie zu kam. Als er auch noch zum Schlag ausholte, presste sie die Augen zu und schrie vor purer Angst. Zitternd öffnete sie die Augen und sah, was Liams eigentliches Ziel gewesen war. Ihr erster Impuls war losrennen, blos raus aus diesem Haus, weg von diesen Leuten. Es war ein kurzer Blick zu Lucius, der sie schließlich davon abhielt. Dieser eine kurze Blick hatte gereicht um ihr eins ganz klar bewusst zu machen. Auf der Straße würde dieser Typ sie finden und sehr wahrscheinlich töten. Die einzige Chance zu überleben hatte sie, wenn sie Liam nicht mehr von der Seite wich. Auf seine Frage sah sie ihn nur mit angsterfüllten Augen an, presste ihre Lippen zusammen um nicht anzufangen zu weinen und schüttelte den Kopf. Ihre Atmung war unkontrolliert, fast hyperventilierend und sie zitterte am ganzen Leib.
Lucius indessen hatte seinen Stab erscheinen lassen und hielt Liam nun die Klingenseite an die Kehle. "Du überschätzt deine Kompetenzen bei weitem, mein Lieber. Du verbrüderst dich gerade mit einem Dämon! Das ist Hochverrat und die Konsequenzen dafür kennst du."
Nun war es Viktor dem der Kragen zu platzen drohte. "Verdammt, Lucius! Steck den Stab wieder ein und komm zur Besinnung! Du wirst hier und heute niemanden richten weder Engel noch Dämonen oder sonst irgendwas! Sieh sie dir nochmal an. Sie ist ein Kind! Ein verstörtes, ängstliches Kind! Hast du jemals einen Dämon so gesehn? Deinen Eifer in allen Ehren aber du übertreibst!
Ich mach dir einen Vorschlag: Wir beide gehen jetzt. Ich lad dich in dieses furchtbar teure französische Restaurant ein, das du so magst und du beruhigst dich erstmal. Liam wird es sicherlich schaffen solange auf ein Mädchen aufzupassen. Und wenn wir wieder kommen tust du so als sei sie ein ganz normaler Mensch und redest mit ihr, statt sie prophylaktisch in Ketten zu legen. Kriegst du das hin?"
"Aber....", wollte Lucius einwänden, wurde aber sofort von Viktor unterbrochen. "Nanana, das will ich gar nicht hören. Sie hat noch niemanden versucht zu töten, zu verführen oder zu verletzen. Wir wissen nichteinmal ob sie in irgendeiner weise tatsächlich bedrohliche Fähigkeiten hat. Momentan ist sie ein ganz normaler Mensch."
Wieder brummte Lucius, aber seine Waffe verschwand und er wendete sich in Richtung Tür. "Das wird gewaltig teuer heute für dich.....", murmelte er noch immer etwas grummelig und sah dann auf Liam und vor allem auf das Häufchen Elend vor ihm, verkniff sich aber jedes Kommentar.
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Liam wartete ab, bis Lucius außer Sichtweite war, dann nickte er Viktor dankbar zu. Schließlich war auch er gegangen und Liam blieb mit Ember allein in der Villa zurück.
Er warf einen Blick auf seine Begleiterin und musste zu seinem Bedauern feststellen, dass sie tatsächlich völlig verängstigt war. Na toll… Als hätte es den letzten Abend nicht gegeben…
„Also Ember…“, setzte er an, „Jetzt, da mein Kollege Lucius und Viktor gegangen sind, kannst du mich löchern. Wir haben vorerst unsere Ruhe, also stell mir am besten alle Fragen, die dir einfallen und die du dir verkneifen würdest, wenn die anderen zwei hier wären. Sollen wir rüber gehen?“ Er deutete auf einen der Nebenräume, genauer gesagt auf den Salon, in dem er sich mit Viktor und Lucius an seinem Ersten Abend ziemlich betrunken hatte.
Es war so weit: Salina war auf dem Weg zu ihrem ersten Arbeitstag im Antiquariat von Mr Dimitritsch. Sie hatte sich bequeme, aber schöne Kleidung ausgesucht, sich unbewusst ein bisschen hübsch gemacht, aber nicht viel mehr als sonst. Sie trug eine helle Jeans, die eng anlag, ein dunkelblaues Top mit einem angemessenen Dekolleté, das nicht zu viel Haut zeigte, sie aber auch nicht zuschnürte, und eine lockere weiß blaue Bluse mit kurzen Ärmeln. Alles in allem hatte sie sich an blaue Farbtöne gehalten, die die wunderschöne Lapis-Kette betonte, die sie nicht abgelegt hatte, seit Viktor sie ihr geschenkt hatte.
Sie konnte es sich nicht recht erklären, aber sie bewunderte diesen Mann, der ganz offensichtlich ein gutes Stück älter war als sie. Er war so kultiviert, höflich, attraktiv… Moment… Was?!
Sie blieb mitten auf dem Gehweg stehen und schüttelte den Kopf, sodass ihr Haar, das sie heute anders als sonst, offen trug, um ihre Schultern wehte. Sie führte sich vor Augen, dass Mr Dimitritsch ihr neuer Chef war und ein höflicher Mann, weiter nichts. Er war freundlich mit ihr umgegangen, weil sie seine Kundin gewesen war und die Kette war ein Zeichen seiner Gönnerschaft. Von Zuneigung konnte da nicht die Rede sein, also schüttelte Salina diese kindischen, albernen Gedanken ab. Dann atmete sie durch, legte ihre Haare wieder so, dass sie alle über ihrer rechten Schulter lagen, und ging dann weiter. Die Vorfreude auf ihre neue Arbeit konnte sie sich aber nicht verkneifen.

Ember hatte sich mittlerweile etwas beruhigt und nickte stumm auf Liams Frage ob sie den Raum wechseln sollten. Mit der Ruhe kam auch ihr Charakter und ihre Gewohnheiten wieder zum Vorschein. Sie hatte nicht vor wirklich etwas zu stehlen, dennoch sah sie sich verstohlen um und entdeckte die ein oder andere Kostbarkeit, die ihr einen ordentlichen Batzen Geld hätten einbringen können.
"Ist es dermaßen lukrativ Dämonen zu killen? Ich meien wie läuft das? Bezahlt man euch echt so gut dafür, dass ihr ein paar Höllenviecher von der Bildfläche verschwinden lasst? Nein, ich weiß, ihr verschachert die Leichen an den Meistbietenden, nicht wahr? Oder ist es vielleicht eure heilige Göttlichkeit, die euch einen Geldmagneten in den Arsch zaubert?", witzelte sie zynisch bevor sie an dem langen Tisch Platz nahm. Wieder wurde sie ruhiger, ernster und sie ließ ihren Blick schweifen. Es gab in diesem Raum kein Fenster, auf das sie ihre Aufmerksamkeit hätte lenken können und so wählte sie die Minibar als Ziel ihres Focus'. "Wenn sich eure Vermutung bewahrheitet, wenn ich wirklich ein Dämon bin und ich irgendwelche.... keine Ahnung.... irgendwelche Kräfte oder so hab. Was passiert dann? Bringt ihr mich dann um?", fragte sie abwesend und sah Liam erst jetzt wieder an. "Bitte sag mir die Wahrheit. Ich hätte ohnehin keine Chance, du musst mich also nicht anlügen."
Lucius hatte die Einladung seines Freundes wirklich bis aufs Äußerste ausgekostet und Viktor konnte sich nicht daran erinnern jemals soviel Geld in eienm Restautant gelassen zu haben, aber immerhin hatte das Lucius' Stimmung drastisch in die Höhe getrieben. Nun waren die beiden auf dem Weg zum Antiquariat. Viktor hatte seinem Freund von seiner neuen Mitarbeiterin erzählt, ihn auch über die Kette aufgeklärt. Nachdem, was Ember heute in ihm ausgelöst hatte, wollte er lieber ganz sicher gehn, dass keine Missverständnisse zum Vorsschein kommen konnten. Es war noch früh, als sie das Gebäude erreichten. Alice war bereits da und hatte gerade frischen Kaffe gekocht, dessen Geruch sich perfekt in die nostalgische Umgebung einbettete, aber Salinas Schicht hatte noch lange nicht begonnen.
"Ich hatte noch gar nicht mit dir gerechnet, Alice. Was machst du so früh hier?", fragte Viktor seine Angestellte, deren Arbeitsbeginn eigentlich mit Salinas kongruent verlaufen sollte. Alice kicherte zunächst. Sie kannte die Vergesslichkeit ihres Chefs, die sich jetzt mal wieder bemerkbar machte. "Sie haben doch sicher nicht vergessen, dass ihre Liferung aus Europa heute mit dem Kurier ankommen sollte, oder etwa doch?"
"Nein, aber die sollte doch erst heute Abend ankommen.", antwortete Viktor etwas verwirrt. "Richtig, heute Abend. Da ihre Lieferung allerdings von einer deutschen Firma überbracht wird, gab man Ihnen einen Termin in deutscher Zeit. Sie sind leider nicht an ihr Handy gegangen, als ich Sie darüber informiren wollte und darum bin ich jetzt hier."
Viktor lächelte seufzend. "Alice, du bist ein Schatz. Was würde ich nur ohne dich tun? Aber jetzt entschuldige uns bitte, Mr. Gallo und ich haben noch etwas zu besprechen." Gallo war der momentane Deckname für Lucius. Natürlich hatte Viktor ihm seine Papiere gefälscht und Lucius war mit einer italienischen Herkunft mehr als zufrieden gewesen. Dass 'Gallo' übersetzt soviel wie 'stolzer Hahn' bedeutete fiel im dabei gar nicht auf. De beiden gingen in den unansehnlichen Keller, wo Viktor Lucius Liams Papiere aushändigte.
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Liam hörte sich kommentarlos an, was für Vermutungen und Fantastereien Ember auf ihn los ließ. Er nahm ihr gegenüber Platz und sah ihr fest in die Augen, als er ihre Angst spürte, die aus dem Unwissen um ihre eigenen Fähigkeiten herrührte.
Liam seufzte angespannt und raufte sich wieder mal das Haar, als Ember ihn um eine Erklärung bat. „Weißt du, Ember, das ist nicht ganz so einfach. Zu erst aber mal: Wir werden nicht dafür bezahlt. Nicht so, wie du es dir vorstellst. Wir sind Engel, also sollten für uns weltliche Besitztümer auch keinen Wert haben. Sie sind uns aber gestattet, damit wir unsere Ziele erreichen können. Geld ist also nicht der springende Punkt. Und sollten wir einen gefährlichen Dämonen finden, müssen wir ihn festsetzen. Eigentlich sollten wir versuchen, ihn zu bekehren, zu läutern oder was weiß ich. Einfach dafür sorgen, dass er aufhört, böses zu tun. Aber im Regelfall ist ein Tadel nur ein Ansporn für unsere Gegner, also geht man in den meisten Fällen dazu über, für die Seele des Dämons um Absolution zu bitten.“
Liam senkte den Blick und rieb sich angestrengt die Augen, ehe er weitersprach.
„Absolution zu erteilen ist das, was bei einem Dämon der Kugel zwischen die Augen oder ins Herz am nächsten kommt. Der Dämon wird ausgelöscht, sobald die Absolution erteilt wird. Sein Körper löst sich auf, die Seele verschwindet. Denn bei den meisten Dämonen ist die Seele so verdorben, dass von ihr, sobald die Absolution erteilt wurde, nicht mehr genug übrig ist, um sie als gereinigte Seele aufrecht zu erhalten. Also…ja, wir töten Dämonen. Nur gilt die Absolution in den Augen der Chefetage nicht als Mord, weil es ja ein heiliges Verfahren ist. Absoluter Bullshit.“
Fluchend erhob sich Liam wieder und wanderte hinter seinem Stuhl hin und her.
„Engel, die für Absolutionen verantwortlich sind, erhalten entsprechend ihrer Leistungen Anerkennung in Form von Macht, Verstärkungen ihrer Kräfte und Einfluss. Deshalb ist Lucius auch ein so „guter“ Engel.“ Liam malte mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft.
„Ich dagegen habe mindestens genauso viele Dämonen auf dem Gewissen wie Lucius, wenn nicht mehr. Ich habe allerdings nie auf diese Vertuschung zurückgegriffen. Letztlich habe ich ein Leben ausgelöscht, daran lässt sich nicht rütteln. Und ob ich das nun vertusche, in dem ich auf die „genehmigte Methode“ zurückgreife“, wieder malte er Anführungszeichen, „oder zu meiner Tat stehe indem ich wahrhaftig töte, war für mich keine Frage. Ich wusste immer, was ich tat und stand immer zu meinen Taten. Deshalb bin ich nun kurz davor, degradiert zu werden und zu fallen. Im Ernstfall bis in die Hölle.“
Liam blieb stehen und sah schweigend zu Boden. Er sah all die Leben vor sich, die er genommen hatte und deren Lasten er immer freiwillig getragen hatte. Er war für jeden getöteten Dämon bestraft worden, obwohl er ebenso wie anderen Engel nur für die Sicherheit und das Gleichgewicht auf der Erde gesorgt hatte.
„Bei dir, Ember…bin ich mir nicht sicher, was passieren wird. Du hast…ohne jeden Zweifel eine dämonische Signatur. Das heißt, dass du eine Art der Energie ausstrahlst, die nur Dämonen zu Eigen ist. Das ist bei dir aber nicht dauerhaft der Fall. Und wir kennen deine Fähigkeiten nicht. Das macht es sehr schwer, zu urteilen…“
Mit ehrlicher Sorge in den Augen sah Liam seinem Schützling – Moment, Schützling?! - entgegen. Er konnte es nicht leugnen, dass er sich für ihr Schicksal verantwortlich fühlte. Er konnte nichts für das, was ihr passiert war und eigentlich müsste sie ihm so egal sein, wie jeder andere Mensch, aber das war sie nicht.
„Ich weiß nicht, was mit dir passieren wird, Ember. Sollten sich deine Kräfte als gefährlich herausstellen und du als ein Risiko eingeschätzt werden…dann…dann werden wir dich…“ Liam schloss die Augen und wandte das Gesicht beschämt ab.
Am frühen Nachmittag bog Salina in die Straße ein, in der sich das Antiquariat befand. Sie war mittlerweile so aufgeregt, dass ihre Finger zitterten und sie sich regelrecht an ihre Tasche krallte, damit es nicht auffiel. Ob sich dadurch aber auch ihre Nervosität kaschieren ließ, blieb nur zu hoffen.
Schließlich stand sie vor der Tür, atmete kurz tief durch und trat dann ein.
Als erstes Schlug ihr der angenehme Duft von Möbelpolitur und alten Büchern entgegen und schlagartig entspannte sie sich. Dann nahm sie eine Kaffeenote in der Luft wahr, die sie schmunzeln ließ. Es erinnerte sie an ihren vorherigen Job in dem kleinen Café nahe dem Central Park.
Sie trat an den Tresen heran und sah sich suchend nach jemandem um. Am ersten Tag einfach so hinter die Kulissen zu treten schien ihr unangebracht, auch wenn sie nun hier arbeitete.
„Ähm…Hallo?“, rief sie zögerlich nach hinten. Und was nun? Wollte sie nach ihrem Chef rufen? Sollte sie warten? Ach verdammte Nervosität.

Ember hätte noch viele fragen gehabt, vieles was sie nicht verstand, vieles was ihr Sorgen bereitete. Doch als sie Liam dabei beobachtete, wie er an seinen eigenen Erklärungen schier verzweifelte, war er es plötzlich, der ihr leid tat. „Liam, es ist nicht deine Schuld. Du kannst nichts dafür.“, sagte sie erstaunlich ruhig. Sie ließ ihm nicht die Zeit ihr auch nur fragende Blicke zuzuwerfen und lächelte aufmunternd. „Du benimmst dich gerade genau so, wie ich es bei neuen Pflegeeltern dutzende Male erlebt habe, also bei den guten, fürsorglichen, die wirklich dachten sie könnten einem helfen. Bzw. dachten sie einem helfen zu müssen, weil sie sich für einen verantwortlich fühlten und sich einredeten sie hätten die ganze Scheiße, die einem passiert war abwenden und verhindern können. Fakt ist aber, weder sie noch du hätten irgendetwas tun können. Also red dir das bitte nicht ein. Du kannst nichts dafür und ich bin dir auch nicht böse oder so etwas in der Art, ok?
So, und jetzt erklärst du mir, wo ich in diesem kleinen Palast ein Bier für meinen Engel auftreiben kann, der kriegt wieder so weichherzige Züge, kaum auszuhalten mit dem!“, lachte Ember und erhob sich von ihrem Platz. Die beiden hatten für's erste genug über Tod und Ungerechtigkeit gesprochen, das konnten sie auch zu einem späteren Zeitpunkt fortführen.
Alice hatte Viktor und Lucius gerade Kaffee in den Keller gebracht und stand nun mit dem Tablett in der Hand am Ende der Treppe, als sie das Rufen hörte. Eigentlich hatte sie mit dem Boten gerechnet, daher betrachtete sie Salina zunächst etwas unschlüssig. Dann lächelte sie aber freundlich. „Du musst Salina sein, richtig? Es ist doch in Ordnung wenn ich dich duze, oder? Mr. Dimitritsch wird das auch tun, sofern du nichts dagegen hast. Eigentlich wird er auch lieber geduzt, aber mir dabei total komisch vor. Er ist einfach viel zu beeindruckend um ihn nicht zu siezen. Oh man, ich plappere, entschuldige! Ich bin nur so aufgeregt dich kennen zu lernen. Ich meine Mr. Dimitritsch hat mir natürlich gesagt, dass heute eine neue bei uns anfangen würde, aber ist immer so geizig, wenn es um Informationen geht. Manchmal glaube ich ja er macht das nur um mich zu ärgern, aber wahrscheinlich bin ich einfach nur zu neugierig. Ohhh, ich plappere schon wieder! Tut mir leid! Also, ich bin Alice. Möchtest du einen Kaffee?“, beendete sie ihren Redeschwall, stellte das Tablett beiseite und reichte Salina die Hand.
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

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