Stories, Charas, BegegnungenRollenspiel-Paradies |
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Sie war so ein gutes Mädchen, dass Viktor seine kleine Fantasie fast leid getan hätte. Aber nur fast. Er lächelte sie mild an. "Mir geht es gut. Sorge dich bitte nicht. Es ist nur..." Er schien einen Moment durch sie hindurch zu blicken, dachte an Ember, Liam und Lucius. Lucius. Irgendwann würde er ihm von Salina erzählen müssen. Von dem, was sie vielleicht war. Er schüttelte den Gedanken ab, das hatte noch Zeit. Irgendwann, wenn sie mehr über Ember wussten. Hauptsache nicht jetzt. Er sah sie an, lächelte wieder aufmunternd. "Ich werde nun mal nicht jünger und das Leben hat es an sich Spuren zu hinterlassen. Ich schätze sie werden einfach mit jedem Tag etwas tiefer.“ Er machte eine kurze Pause. „Entschuldige, ich lasse dich hier in der Kälte stehen während ich wie ein Greis über das Leben sinniere. Ja, lass uns endlich gehen.", meinte er dann wieder lachend und kramte seinen Autoschlüssel aus seiner Tasche. Am Straßenrand, unweit des Ladens stand ein schwarzer, auf Hochglanz polierter Bentley R-Type Continental. Der liebevoll restaurierte Wagen verströmte nach Außen hin den ganzen Charme der goldenen 50er, bot im Inneren aber auch jeglichen Luxus der Neuzeit. So schmiegten sich ein moderner Bordcomputer inklusive Navigationssystem und Soundanlage, ein genau einstellbares Klimasystem, sowie allerlei anderer technologischer Annehmlichkeiten in die kastanienbraune Innenausstattung ein. Die Sitze waren weich und bequem, als säße man auf einem Sessel und der gesamte Innenraum war erfüllt vom weichen Geruch von Leder und gutem Tabak.
Ganz der Gentleman, ging Viktor zunächst zur Beifahrertür, um diese für Salina zu öffnen, wartete bis diese eingestiegen war, schloss leise die Tür und machte sich dann daran selbst auf dem Fahrersitz Platz zu nehmen. „Also, wo darf ich dich hinbringen?“, fragte er freundlich während er den Motor startete und das Radio begann die Situation in ruhige Geigenklänge zu tauchen.
Sanft griff Sorin nach Ravescas Hand und führte sie langsam an seine Lippen. Er genoss den Moment, schloss sogar kurz die Augen und atmete ihren Duft tief ein. Als er die Augen wieder öffnete, lächelte er entschuldigend und ließ sowohl seine, als auch ihre Hand sinken.
„Egal, wie sehr du auch gewillt sein magst, mir die Zeit bis zu unserem Aufbruch zu vertreiben, ich würde es weder mir noch dir verzeihen, wenn uns dadurch die Chance abhanden käme, das Mädchen genauer in Augenschein zu nehmen. Verzeih mir meine Entscheidung, aber ich möchte mich dieser Sache so bald wie nur irgend möglich widmen.“, erklärte er ruhig und entließ ihre Hand aus seinem Griff. Er wusste sie würde diese Abweisung nur missmutig akzeptieren können, doch damit musste sie nun leben. Dieses andere Mädchen konnte viel zu wichtig sein, als irgendetwas, was es betraf aufs Spiel zu setzen.
Lucius hatte mit Sorgenmiene Liams Reaktion auf Embers Spiel verfolgt und er konnte nur erahnen, was sich in dessen Kopf gerade abspielte. Schließlich beendete Ember ihr Stück und auch Lucius Gesicht erhellte sich wieder zu einem freundlichen Lächeln. „Du hast mich neugierig gemacht.“, fing Lucius an und löste sich von der Wand, an der er eben noch gelehnt hatte um einige wenige Schritte auf Ember zuzugehen. „Dein Talent ist wirklich beeindruckend. Wo hast du so zu spielen gelernt?“ Ember lächelte matt und seufzte dabei. „Ich war 8 als sich einer meiner Pflegeväter nen Strick genommen hat. Ich habe nie viel geredet, vorher nicht und danach auch nicht, aber plötzlich hielt man mich für traumatisiert oder sonen Scheiß. Absoluter Quatsch. Man hat mich also von Therapeut zu Therapeut geschleift. Irgendwann bin ich bei ner Musiktherapie gelandet. Geredet hab ich immer noch nicht, aber es hat Spaß gemacht, also hab ich aufgehört aufzumucken. Bin schließlich trotzdem abgehaun, allerdings hab ich das Keyboard mitgehen lassen.
Hat sich sogar ausgezahlt, das ganze. Ein paar Jahre später, ich war 14 oder so hab ich nen Job als Musikerin in nem schnieken Schwulenpuff abgestaubt. Ich bekam zwar kein Geld, aber ich konnte da im Trockenen pennen ohne mir Sorgen machen zu müssen, vergewaltigt zu werden. Nach nem halben Jahr hat allerdings irgendjemand dem Jugendamt gesteckt, dass ich erst 14 war.“ Ember hatte während ihrer gesamten Erklärung auf ihre Hände gestarrt. Erst jetzt sah sie auf und zum ersten Mal blickte sie Lucius direkt ins Gesicht ohne seinem Blick auszuweichen. „Sonst noch Fragen?“, fragte sie, ohne dabei eine nennenswerte Gefühlsregung zu zeigen. Lucius sah sie nur entgeistert an und er schien tatsächlich sprachlos. „Es... es tut mir leid.“, sagte er dann ehrlich betroffen, worauf Ember nur lachte. „Klar, warum nicht? Aber jetzt reicht's auch mit der Gefühlsduselei, oder?“, fragte sie und grinste schon wieder.
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Salina hätte geschmunzelt, angesichts seiner Betitelung als Greis. Dennoch fand sie es in diesem Moment unpassend und verkniff es sich. Stattdessen dachte sie über die von ihm erwähnten Spuren nach und fragte sich, was er wohl schon alles erlebt haben mochte, aber danach könnte sie ihn ja vielleicht irgendwann einmal fragen.
Nun folgte sie ihm zu dem wunderschönen Wagen, der sie eine mentale Zeitreise machen ließ. Als er ihr die Tür öffnete, lächelte sie leicht verlegen und ließ sich in den weichen Ledersitz sinken. Es duftete so herrlich, das sie sich fast wie benebelt fühlte und gar nicht daran denken wollte, wieder aussteigen zu müssen. Dass Viktor auch mit ihr in diesem Wagen saß verschlimmerte ihren Zustand nur noch weiter und sie hatte gute Lust, sich ein paar Tagträumen hinzugeben. Seine Frage brachte sie aber zurück auf den Boden der Tatsachen und sie blickte ihn mit einem entschuldigen lächeln an, da sie ein bisschen gebraucht hatte, um zu reagieren. Kurzerhand nannte sie ihm die Adresse, die vielleicht nur 15 Minuten Fahrt entfernt lag und zu der er sie schon nach Alices Geburtstagsfeier gebracht hatte. Sie bedauerte, dass sie nicht weiter entfernt wohnte. Zu gern würde sie seine Gegenwart länger genießen, aber daheim konnte sie ihn auch schlecht auf einen Kaffee einladen. Zum einen könnte er es falsch aufnehmen und zum anderen hatte sie einen Mitbewohner, von dem Viktor nichts zu wissen brauchte.
Als Sorin ihre Hand ergriff, dann jedoch sinken ließ und ihr erklärte, weshalb er sich ihr verweigerte, schürzte Ravesca die vollen roten Lippen zu einem Schmollmund. „Wieso bloß habe ich schon jetzt das Gefühl, dass ich dieses Mädchen nicht besonders mögen werde?“, fragte sie, ohne jedoch eine Antwort zu erwarten. Und obwohl Sorin Recht hatte und ihre Aufgabe absoluten Vorrang hatte, so gefiel es der heißblütigen Dämonin dennoch nicht, von jemandem abgewiesen zu werden. Schon gar nicht, wenn dieser jemand Sorin war.
„Na schön“, setzte sie schließlich versöhnlicher an, „wann sollen wir aufbrechen? Und wohin verschlägt uns unsere Reise?“
Aufmerksam hatte Liam Embers Ausführungen zu ihrer Vergangenheit gelauscht und obwohl er schon mehr über sie wusste als Lucius, und ihm auch bekannt war, dass sie es nicht leicht gehabt hatte, war auch er mindestens ebenso betroffen von ihrem Schicksal wie sein Kollege. Die Tatsache, dass Ember kurz darauf schon wieder lächelte, als sei nichts gewesen, schockierte den Engel aber noch mehr. Ja, er wusste, dass sie stark war, beziehungsweise einfach gut alles abblocken konnte, was ihr zu nahe kommen konnte, aber dass es ihr so leicht fiel, konnte er kaum glauben.

Viktor schlug die angegebene Richtung ein. Er kannte die Straße, in der Salina wohnte, daher sah er davon ab sein Navigationssystem zu Rate zu ziehen. Sollte er sich tatsächlich verfahren, konnte er auch seine Beifahrerin um Hilfe bitten. „Entschuldige, dass ich mir deine Adresse nicht gemerkt habe. Das letzte mal war ich... Also gut, ich war betrunken. Alices Geburtstage hatten noch nie einen positiven Effekt auf mein Erinnerungsvermögen.“, lachte er, bevor er bemerkte, dass er sich ganz in der Nähe von seinem eigenen Heimweg befand. Die nächste Auffahrt auf den Highway und sie wären schon fast da. Lucius würde sich ganz sicher dafür interessieren, was Salina an sich hatte. Sie würde beobachtet werden müssen, würde erfahren, warum er ihr diese Kette damals tatsächlich geschenkt hatte, dass er sie angelogen hatte, dass er sie damals selbst als potenzielle Gefahr betrachtet hatte, dass er sie wenn nötig getötet hätte.
Er verpasste die Auffahrt und hielt den Kurs zu ihrer Wohnung bei.
„Obwohl, eine Sache habe ich noch recht gut in Erinnerung. Du versprachst mir einen weiteren Tanz. Wann gedenkt die Dame denn dem Burschen sein Date zu gewähren? Das heißt, sofern ihr daran noch etwas gelegen ist und mir diese aufdringliche Frage gestattet ist.“, fragte er mit einem schiefen Grinsen.
Sorin musste über Ravescas Reaktion lächeln, war sie doch exakt so, wie er sie sich vorgestellt hatte. „Keine Sorge, ich bin mir sicher, dass auch du ihr keinen Grund geben wirst dich zu mögen. Um auf deine Frage zurückzukommen. Ich habe sie an ihrem Arbeitsplatz aufgefunden. Ich schlage vor dort anzufangen und dann der Spur ihrer Signatur zu folgen. Ich gehe davon aus, dass das ein Leichtes für uns sein sollte, dennoch käme es mir und meiner Ungeduld entgegen, wenn wir sogleich aufbrächen.“, erklärte er weiter, wobei ein finsteres Lächeln seine Lippen zierte. Er war tatsächlich neugierig auf das Mädchen und freute sich bereits jetzt darauf, herauszufinden, wo dessen Talente und Kräfte lagen. Im schlimmsten Fall träfen die beiden auf ein unnützes junges Mädchen, das sich zumindest als Zeitvertreib eignen sollte. Zu verlieren gab es also nicht viel, zu gewinnen dafür jede Menge.
Ember spürte wie sich ein unangenehmer Kloß in ihrem Hals bildete. Gefühle, die sie längst tief in sich verschlossen hatte, drohten sich erneut einen Weg hinauf zur Oberfläche zu bahnen. „Hört auf mich so anzusehn, verstanden? Ich brauch euer scheiß Mitleid nicht und ich will es auch nicht!“, versuchte sie wie üblich ihre Gefühle wieder herunterzuschlucken, wobei ihr die Tränen schon fast in den Augen standen. Lucius lächelte. „Oh glaub mir, Mitleid ist das letzte, was ich für einen Dämon empfinden könnte. Und bilde dir gar nicht erst ein du könntest meine Meinung über dich ändern, indem du mir irgendwelche traurigen Kindheitsgeschichten erzählst. Mir ist noch nie ein Dämon untergekommen, der von seinen liebevollen Eltern berichtet hätte. Du bist also nichts besonderes.“, erklärte er ruhig woraufhin man förmlich spüren konnte, wie es in Ember aufkochte. „Willst du damit sagen, ich hätte das verdient?!“, schrie sie ihn an, doch er lächelte nur wieder. „Vielleicht.“, lautete seine knappe Antwort woraufhin Embers Sicherungen durchbrannten, sie aufsprang und ihm versuchte eine Ohrfeige zu verpassen, doch Lucius stoppte ihre Hand kurz vor seinem Gesicht und hielt sie nun fest im Griff. „Na sowas, wolltest du nicht ein braver kleiner Dämon sein? Da solltest du dir aber noch ein wenig mehr Mühe geben.“, sagte er ruhig und langsam, wobei er mit seinem Gesicht dem ihren bedrohlich nahe kam. Schlagartig wurde Ember klar, was sie da gerade gemacht hatte. Lucius spürte, wie sie zu zittern begann und er wusste, dass er jetzt aufhören musste, bevor Liam ihn in der Luft zerriss, also ließ er los, wendete sich ab und ging. Es war ihm bewusst, wie viel Hass er gerade auf sich geladen haben musste, aber er konnte nicht anders. Er musste Ember helfen ihre Gefühle wieder unter Kontrolle zu bekommen, schließlich wollte er sie nicht bloßstellen, indem sie ausgerechnet vor ihm einen Gefühlsausbruch erlitt. Sie hatte viel aufzuarbeiten, aber sie war noch lange nicht dazu bereit und er hätte sie nicht zwingen wollen, also unterstützte er sie bei ihrer offensichtlich gewöhnlichen Methode mit ihren Gefühlen umzugehen: Wut und Kaltschnäuzigkeit. Er war sich sicher, dass Liam ihm dafür die Flügel stutzen wollen würde und spätestens, wenn er wie ein Berserker Lucius Zimmer stürmen würde, konnte er es ihm erklären. Zumindest hoffte er, dass Liam ihn zu Wort kommen ließ. Seufzend ließ er sich auf seinem Bett fallen, Liam würde sicher bald auftauchen und bis dahin wollte er sich noch die ein oder andere Sache durch den Kopf gehen lassen. Dieses Mädchen verwirrte ihn. Sie war ein Dämon, ganz ohne Frage, aber dennoch, verhielt sie sich so gänzlich untypisch. Musste Lucius tatsächlich wegen ihr sein gesamtes Bild überdenken?
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Viktor war wirklich ein Vollblutgentleman. Er war höflich, drückte sich gewählt aus und war einfach...er. Während der Fahrt im Auto konnte Salina nicht anders, als permanent zu lächeln , ganz besonders dann nicht, als ihr Viktor gestand, wie betrunken er an Alices Geburtstag gewesen war. Dass er sich aber noch an den Tanz und ihre „Verabredung“ erinnerte, ließ Salina erröten und sie war dankbar für die Dunkelheit im Wagen, die nur von der spärlichen Beleuchtung des Radios abgeschwächt wurde.
„Wenn ich ehrlich bin, hatte ich nicht damit gerechnet, dass sie das ernst meinten“; gestand sie schließlich. Ja, sie war voller Hoffnung gewesen, dass er es so gemeint hatte, aber dass es nun tatsächlich so war, verblüffte sie ein wenig, wenn auch auf angenehme Weise. Aber diese Bestätigung seinerseits gab ihr ein wenig mehr Mut, weshalb sie ein kokettes Lächeln auflegte und Viktor von der Seite betrachtete. „Aber ich müsste meinen Chef fragen, wann ich Zeit hätte. Das kann ich also nicht so ohne weiteres beantworten. Wer weiß, vielleicht werde ich bei der Arbeit ja in Zukunft so viel zu tun haben, dass mir kaum Zeit für derartige Vergnügen bleibt. Was meinen Sie dazu?“ Es machte ihr richtig Spaß, sich so gelöst verhalten zu können. Kokettiergehabe war eigentlich nie ihr Ding gewesen, aber war es deshalb falsch, ein bisschen mit Viktor zu flirten? Wohl kaum.
Ravesca lächelte schief bei dem gedanken daran, wie ungehalten Sorin sein konnte, wenn man seine Geduld überstrapazierte. Zwar genoss sie es, ihn so entfesselt zu erleben, aber es wäre ihrer derzeitigen Tarnung nicht besonders zuträglich. Vermutlich war es also schlauer, seiner Bitte zu folgen.
„Wie du wünschst, Sorin“, säuselte Ravesca schließlich und wandte sich noch ein Mal ab, um sich aus ihrem Zimmer ihren langen schwarzen Mantel zu holen. Die Menschenwelt mochte voller lächerlicher, schwacher Idioten sein, dennoch gab es hier so etwas wie Stilgefühl und einen Sinn für Mode. Das kam der Dämonin, die sich so gern in Szene setzte, gerade recht. Bekleidet mit dem dunklen, schweren Stoff, der Kälte, Wind und Regen abhalten konnte, kam sie zurück zu Sorin und strich sich noch ihr Haar über ihre linke Schulter, ehe sie bei ihm ankam. „Dann lass uns gehen. Ich bin schon sehr gespannt auf unser neues Spielzeug“, lächelte sie verschlagen.
Die Szene, die sich vor Liam abgespielt hatte, war zu heikel gewesen und zu schnell wieder vorbei gewesen, als dass Liam hätte einschreiten können, ohne Ember zu beschämen oder Lucius in einer Handbewegung den Hals umzudrehen. Ember war alte und stark genug, um selbst mit Lucius Sticheleien fertig zu werden. Dennoch gefel ihm überhaupt nicht, wie sein werter Kollege mit seinem Schützling umgesprungen war. Als Lucius verschwunden war, hatte Liam einen kurzen, prüfenden Blick auf Ember geworfen und beschlossen, sie kurz in Ruhe zu lassen, damit sie ihre Gedanken ordnen und sich beruhigen konnte. Also setzte er Lucius nach, der ohne Zweifel in sein Zimmer verschwunden war.
Ohne zu klopfen riss er die Tür auf, warf sie krachend hinter sich zu und packte Lucius so schnell am Schlafittchen, dass er selbst ganz erstaunt war, welche Kraft er mobilisieren konnte, wenn er musste. Donnernd stieß er Lucius gegen die nächstbeste Wand und hob diesen am Kragen so hoch in die Luft, dass seine Füße frei herumbaumelten.
„Tu mir den Gefallen und nenn mir ganz schnell einen SEHR guten Grund dafür, dass du sie so behandelst. Und das am besten bevor ich mich hier vergesse und auf meine Flügel pfeife“, knurrte er den anderen Engeln tief grollend an. Vielleicht war seine Reaktion tatsächlich ein wenig überzogen, aber es ging immerhin um seinen Schützling. Dass da sämtliche Sicherungen bei ihm durchbrannten, wunderte nicht mal Liam. Er hatte schon gehört, dass Schutzengel oft so reagierten, wenn es um ihre Schützlinge ging, aber Liam hatte es nicht geglaubt und wurde nun eines besseren belehrt.

Viktor musste grinsen während der Wagen vor Salinas Haustür zum stehen kam. „Aber selbstverständlich meinte ich es so! Nichts läge mir ferner, als über ein solches Thema zu scherzen. Und mach dir um Dimitritsch, den alten Sklaventreiber mal keine Sorgen. Du legst dein hübschestes Lächeln auf, fragst ihn ganz lieb und ich bin mir fast sicher, dass es ihm unmöglich sein wird dir den bescheidenen Wunsch nach einem freien Abend zu versagen. Und falls doch, dann schleichst du dich einfach davon. Alice würde dich sicher nicht verraten und er würde es nie erfahren.“, schlug er lachend vor und besah sie mit einem weichen Lächeln. Er genoss ihre Gesellschaft und seufzte nun fast niedergeschlagen. „Wir sind übrigens angekommen.“, sagte er ruhig, betrachtete sie noch einen Moment und merkte gar nicht, wie er sie wieder anzulächeln begann. „Lass mich wissen, wie es mit deinem Chef gelaufen ist.“, meinte er dann um seine Gedanken von ihr lösen zu können.
„Ich versteh es noch immer nicht.“, fing Sorin an, als Ravesca erneut den Raum betrat. „Du gibst dir soviel Mühe mit deiner Kleidung, deinem ganzen Äußeren, aber warum? Du könntest in Lumpen auf die Straße gehen und wärst noch immer mit Abstand das schönste Wesen, dass diese unwürdigen Sterblichen jemals zu Gesicht bekommen könnten.“, erklärte er dann mir einem schiefen Lächeln. Gut, er hatte ein klein bisschen dick aufgetragen, aber nach der Abfuhr, die er ihr eben erteilt hatte war es quasi seine Pflicht sie auf ihre Schönheit aufmerksam zu machen. Er betrachtete sie noch ein mal von oben bis unten und als er sich daraufhin in seinem Kompliment bestätigt sah wendete er sich zum gehen und führte seine Begleitung zunächst zu dem Antiquariat, in dem er Salina noch vor kurzem aufgefunden hatte.
Ember hatte sich vor der Tür, hinter der Liam eben verschwunden war, zusammengekauert und drückte ihr Ohr dagegen, als Viktor an ihre Seite trat und ihr einen fragenden Blick zuwarf. Er war gerade erst wieder zuhause angekommen. „Sie streiten.“, antwortete sie flüstern woraufhin er nachdenklich nickte. „Du solltest sie dabei nicht belauschen. Immerhin geht es dabei sehr wahrscheinlich um dich. Komm, lass uns was trinken bis sich die beiden wieder vertragen haben, ok?“, bot er ihr an und reichte ihr seine Hand um ihr aufzuhelfen. Sie blickte noch einmal zur Tür, doch dann stand sie schließlich doch auf, wobei sie die angebotene Hand jedoch nicht in Anspruch nahm. Die beiden gingen in den gemütlichen Raum, der die 'Minibar' beherbergte, wo Viktor ihr zunächst einen Platz anbot und sich dann nach ihrem Trinkwunsch erkundigte. Als sie daraufhin erschlagen von den Möglichkeiten nur unschlüssig um den heißen Brei redete, lächelte Viktor aufmunternd. „Whiskey?“, fragte er während er die Gläser bereits präparierte. „Klar, klingt super.“, antwortete Ember dankbar für die Entscheidungshilfe. Viktor setzte sich Ember gegenüber, befüllte die Gläser und die beiden prosteten sich zu. „Also, erzähl mal. Wie ist es gelaufen mit den beiden heute?“, fragte er neugierig als er den ersten Schluck ausgekostet hatte. Ember verdrehte die Augen. „Lucius ist ein Idiot.“, murmelte sie dann zur Antwort und Viktor musste ehrlich lachen. „Das musst du mir nicht erzählen. Ich hab ihn als Schutzengel zu ertragen. Er ist einfach furchtbar überfürsorglich. Wenn es nach ihm ginge, dürfte ich überhaupt nicht mehr auf die Jagd gehen.“ „Jagd?“, fragte Ember und nippte an ihrem Glas. Viktor lächelte schief. „Ich bin Dämonenjäger.“ Ember verschluckte sich sogleich und sah Viktor mit großen Augen an. „Oh shit! Ich dachte... Shit!“ Wieder lachte ihr Gegenüber. „Keine Sorge, du hast vor mir nichts zu befürchten. Ich befasse mich nur mit den wirklich bösartigen Exemplaren deiner Gattung.“, versicherte er ihr und erntete dafür zunächst nur skeptische Blicke. „Na, dein Wort in Gottes Ohr.“, antwortete sie dann, konnte aber wegen der Wortwahl nicht ernst bleiben und lachte herzhaft. Die beiden unterhielten sich noch lang und es stellte sich bald heraus, dass Viktor eine Jugend hinter sich hatte, die Embers gar nicht so unähnlich war. Er erzählte, dass er mit 10 seine Familie verloren hatte und darum auf der Straße gelebt hatte, wie er gerade so die Kurve kriegte, nach Amerika kam und sich hocharbeitete. Ein Paradebeispiel des amerikanischen Traums quasi. Auf diese Art entlockte er dem Mädchen auch die ein oder andere Geschichte über ihr Leben im Heim, über gute und schlechte Pflegeeltern und über ihre Ausbrüche.
Kurz gesagt: Die beiden verstanden sich prächtig.
Schmerzhaft entwich Lucius die Luft aus den Lungen, als sein grimmiger Besucher ihn gegen die Wand stieß. Doch er wehrte sich nicht etwa, nein, er wartete geduldig ab bis Liam seine Standpauke beendet hatte, beziehungsweise bis er eine Pause vom Brüllen machte und Lucius somit die Gelegenheit gab zu Wort zu kommen. „Hör mir zu.“ forderte er zunächst nur mit kratziger Stimme. Seine momentane Position war seiner Atmung nicht unbedingt zuträglich. Nun wartete er ob Liam ihn erneut anschreien wollte oder ob er bereit war ihm Gehör zu schenken. Als der sichtlich noch immer geladene Engel -Lucius glaubte sogar eine gewisse elektrische Spannung in der Luft zu spüren- nichts erwiderte, begann Lucius zu erklären: „Es gibt zwei Gründe, die mein Verhalten gegenüber Ember sogar in deinen Augen rechtfertigen sollten. Dir ist doch sicher auch diese enorme Mauer aufgefallen, welche dieses Mädchen errichtet hat. Man muss nicht Freud heißen, um zu erkennen, dass diese Mauer vorhin einzustürzen drohte. Machen wir uns nichts vor, Ember ist meiner Entscheidung über sie mehr oder minder ausgeliefert. Das wissen wir und das weiß vor allem auch sie. Ich will nicht, dass sie den letzten Rest Schutz vor mir aufgibt. Sie mir gegenüber emotional dermaßen wehrlos zu machen ist schlichtweg falsch. Ich wollte also einen Zusammenbruch ihrerseits verhindern, sie offensichtlich auch. Denn ihre aggressive Reaktion auf unsere mitleidigen Blicke war ein klassischer Abwehrmechanismus ihres Unterbewusstseins. Aber das funktionierte schon nicht mehr richtig. Also provozierte ich sie um ihr zu helfen ihre Wut zu fokussieren. Und wie du gemerkt hast, hat das ganz wunderbar geklappt.
Du darfst mich ruhig loben bevor ich dir Grund Nummer zwei erläutere. Der wird dir nämlich nicht ganz so sehr gut gefallen nehme ich an.
Ich weiß, diesen Satz hast du von mir schon zur Genüge gehört, dennoch: Sie ist ein Dämon. Sie ist ein Dämon und du bist ihr Schutzengel. Eine solche Konstellation hat es meines Wissens nach noch nie gegeben. Das bedeutet, dass wir extrem vorsichtig sein müssen. Es besteht immer noch die Möglichkeit, dass das alles ein abgekartetes Spiel ist und sie uns am Ende hintergeht. Als ihr Schutzengel darfst du ihr aber gar nicht dermaßen misstrauen. Ganz zu schweigen davon, dass du das offensichtlich auch gar nicht mehr kannst... Gut, dass du mich hast, denn diese Aufgabe ist wie für mich gemacht. Das dachte ich zumindest, aber ich muss zugeben, ich beginne zu zweifeln. Sie tut mir leid und ich verspüre das Bedürfnis ihr zu helfen. Ob sie es nun beabsichtigt oder nicht, aber sie droht meine Sympathie zu gewinnen. So nett das auch klingt, es schadet meiner Objektivität. Sollte sie tatsächlich etwas planen und es schaffen uns beide um den Finger zu wickeln, könnte es zu spät sein bis wir es bemerken. Diese ganze Aktion diente also allein der Wahrung ihrer Würde, sowie meiner Distanz zu ihr. Im schlimmsten Fall rette ich uns allen den Hintern und im besten Fall bin ich der Böse in dieser Geschichte, beides Dinge, mit denen ich durchaus umzugehen weiß.
Also, hat mein kleiner Monolog dir genug Zeit gegeben dich wieder zu beruhigen oder willst du mir noch immer ans Leder? Ach und keine Sorge, diesen kleinen Angriff von eben werde ich ihr natürlich nicht ankreiden, schließlich war es meine Schuld.“
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Als Viktor Salina schließlich abgesetzt hatte, hatte ihr Herz einen Schlag ausgesetzt. Die Fahrt und die damit verbundene Zweisamkeit war so schnell vorbei gewesen, dass sie am liebsten gar nicht ausgestiegen wäre. Aber sie hatte Viktor auch nicht um seine Zeit bringen wollen.
Sein Vorschlag, nett mit ihrem Chef zu reden oder sich hinauszuschleichen hatte ihr ein ehrliches Lachen entlockt, dass jedoch verklangen war, als er sie schließlich schweigend, aber mit einem Lächeln auf den Lippen betrachtet hatte.. Und da war ihr Puls wieder in Gang gekommen. Sie wusste, dass sie wieder ein mal errötet war und hatte sich schließlich aus der Affäre gezogen, indem sie sich bei Viktor bedankt und ihm einen schönen Abend gewünscht hatte. Dann war sie ausgestiegen, hatte noch kurz die Hand gehoben und war dann im Haus verschwunden.
Das alles rauschte immer wieder durch ihren Kopf, als sie mit dem Rücken an ihre Eigene Haustür gelehnt stand und nicht fassen konnte, dass sie wirklich ein Date hatte. Mit Viktor. „Oh man...“, seufzte sie in einer Mischung aus Erleichterung und Sorge und dieses beiläufige Geräusch, das sie gemacht hatte, gab ihrem Mitbewohner den Anlass, aus seinem Versteck zu kriechen und mit einem aufgeregten Krächzen auf sie zu zu hüpfen.
Lächelnd ließ sich Salina auf die Knie sinken und begrüßte Archibald, ihren Mitbewohner, oder vielmehr ihr möglicherweise eingebildetes Haustier. Der schneeweiße kleine Greif flatterte aufgeregt mit seinen Flügeln, die schon jetzt eine Spannweite hatten, die Salina staunen ließ, und stieß seinen Kopf, immer wieder in ihre Handfläche. Es war schon seltsam... Vor einer Weile war Archibald einfach so da gewesen. Ganz plötzlich. Und Salina war sich sicher gewesen, dass sie krank geworden war und phantasiert hatte, aber Archibald fraß, stieß gelegentlich etwas um und fühlte sich absolut real an. Dennoch war ein Greif nicht unbedingt das, was man als Standard-Haustier bezeichnen würde, obwohl er einem Hund von der Größe her in nichts nachstand.
Ja, Archibald war schon eine Bereicherung, aber keine, von der sie irgendwem so schnell erzählen würde können. Schon gar nicht Viktor...
Als Ravesca neben Sorin Gestalt annahm und sich vor einem Antiquariat wiederfand, hatte sie ihre mehr oder weniger menschliche Gestalt angenommen, die in dieser Welt offenbar auf viel Bewunderung traf. Diese menschlichen Trottel...Sie würden vermutlich auf die Knie fallen, wenn sie sie in ihrer wahren Form sähen, dachte Ravesca abfällig.
Nun aber betrachtete sie nach verschlossene und in Dunkelheit gehüllte Antiquariat skeptisch und warf Sorin einen Blick zu. „Ich schätze, dein Vogel ist ausgeflogen, mein Lieber... Oder kannst du ihre Signatur spüren? Ich fühle hier einige Eindrücke, aber cih weiß nicht recht, wonach ich suche. Würdest du uns also leiten?“; fragte sie mit säuselnder Stimme.
(Ich weiß, Liams Teil fehlt. Den trag ich nach, sobald ich kann )

Liam ließ seinen Kollegen sprechen, bis dieser das Wort freiwillig wieder ab gab. Er überlegte noch einen Moment, ob er Lucius nicht trotzdem den Kopf abreißen wollte, entschied sich aber schließlich dagegen und ließ Lucius' Kragen kurzerhand los, sodass der andere Engel schnell wieder auf dem Boden stand. Sicherheitshalber trat Liam noch zwei Schritte zurück und versenkte die geballten Fäuste in seinen Taschen.
Es passte ihm nicht, aber er musste sich wohl oder übel eingestehen, dass Lucius eigentlich alles richtig gemacht hatte. Und er selbst war durchgedreht, weil sein Schutzinstinkt gegriffen hatte, doch auch das war nachvollziehbar gewesen.
“Ich werde mich nicht bei dir entschuldigen“, stellte er schließlich trocken klar. “Wie du sagtest, bin ich ihr Schutzengel, also gewöhn dich am besten gleich daran, dass ich dir an die Gurgel gehe, wenn du für meinen Geschmack zu weit gehst.“
Wieder schwieg der hochgewachsene Engel und blickte aus dem Fenster, hinter dem die Welt lag, gegen die er notfalls allein kämpfen würde, wenn es sein musste.
“Ich hoffe, dass du dir umsonst Sorgen um Embers Motive machst. Das hoffe ich wirklich. Tu mir nur bitte den Gefallen und provozier sie nicht in die falsche Richtung.“
Damit wande er sich von Lucius ab und verließ den Raum. Er brauchte vorerst etwas Ruhe und verzog sich in sein Zimmer, wo er nach einem langen Tag seine Kleidung und die Waffen ablegte. Unter der dampfend heißen Dusche schloss er die Augen und ließ sich so lange berieseln, bis er durch den Wasserdampf hindurch den Raum nicht mehr erkennen konnte. Dann trocknete er sich ab und schleppte sich zurpck in sein Zimmer, wo er sich nackt aufs Bett fallen ließ. Müde zog er die Decke noch behelfsmäßig über seine Beine und seine Hüfte, bevor er die Augen schloss und einschlief.

Mit einem kurzen Gruß zum Abschied startete Viktor seinen Wagen. Durch den Rückspiegel hatte er sie beobachtet, wie sie das Gebäude betrat und sein Blick hing weiterhin an der Haustür, gerade so als würde sie sich jeden Moment wieder öffnen und Salina würde erneut hinaus auf die nächtliche Straße treten. Er war tatsächlich so abgelenkt, dass er in der nächsten Kurve fast von der Fahrbahn abkam. Geistesgegenwertgig riss er das Lenkrad herum, wich im letzten Moment einer Straßenlaterne aus und fuhr dann konzentriert weiter auf seiner Spur. Er war rasante Manöver mit seinem Bentley durchaus gewöhnt, schließlich lieferte er sich hin und wieder die ein oder andere Verfolgungsjagd mit einem Dämon, aber einen solchen Grund wie den diesen hatte es bisher nie gegeben. Es dauerte einen Moment, dann fing er unvermittelt an zu lachen. „Verdammt Salina, was machst du nur mit mir?“, fragte er laut und bog auf den Highway ein, der zu seinem Haus führte. Er konnte nur hoffen, dass die beiden Engel sein Heim ganz gelassen hatten.
Lucius sah Liam mit einem langen Seufzen hinterher. Er wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. Auch er hoffte, dass Embers Beweggründe tugendhafter Natur waren. Selbst wenn es ihm mehr um Liams Seelenheil ging. Schweigend schloss er die Tür hinter dem anderen Engel. Trotz all der Sorge, die er sich machte, musste er jetzt doch lächeln. Liam war nicht der erste Engel, dem der Fall drohte und der deshalb in Lucius' Obhut geraten war. Aber nie war ihm jemand untergekommen, der noch während seiner Bewährung zum Schutzengel aufgestiegen sei. Unter Liams harter Schale schien doch ein weichherziger Kern zu stecken. Ein Potenzial, dass bei weitem nicht jeder mitbrachte, dass allerdings auch allzu leicht zu missbrauchen war. Wieder seufzte Lucius. Er kniete sich vor sein Bett, faltete die Hände und senkte sein Haupt zum Gebet. Er bat um Geduld, darum, die richtigen Entscheidungen zu treffen und um die Stärke Liam auf seinem Weg ausreichend unterstützen zu können.
Viktor und Ember genossen ihre engelfreie Zeit sichtlich. Sie tranken, redeten, tranken, sangen, lachten und tranken noch mehr. Ihnen fiel gar nicht auf, dass weder Liam noch Lucius sich blicken ließen. Stunden vergingen und irgendwann kippte Ember vor lauter Lachen von ihrem Stuhl und ihr Lachen endete nicht einmal als sie schon am Boden lag. Dass sie überhaupt keine Ahnung mehr hatte, was sie eigentlich so lustig fand, störte sie so gar nicht. Ganz der Gentleman torkelte Viktor zu seiner Besucherin und reichte ihr seine Hand um ihr auf die Beine zu helfen. „Du bist betrunken.“, tadelte er lallend. „Du auch!“, lachte Ember und griff nach seiner Hand. Doch anstatt. Dass er sie hoch zog, verlor er sein Gleichgewicht und lag nun neben ihr auf dem Boden. Beide starrten lachend an die Decke. „Dein Haus ist echt scheiße protzig, Alter!“, meinte Ember dann ernst. „Ja, ich weiß, aber ich hab mir das verdient.“, antwortete Viktor gähnend und schloss die Augen. „Spinner...“, lachte Ember müde und leise. Eine halbe Stunde später hatte Ember ihren Kopf auf seiner Schulter abgelegt, einen Arm auf seinem Brustkorb deponiert und die beiden schliefen tief und fest.
Sorin antwortete nicht direkt. Es war eher eine Art Brummen, das er grimmig von sich gab. Er hatte bereits die Spur der Signatur aufgenommen und war nun im Jagdmodus angekommen. Das hieß, solange er sein ziel nicht erreicht hatte, würde er sich auf nichts anderes konzentrieren können. Männer waren nun einmal nicht multitaskingfähig und wenn es um die Jagd ging bildete auch Sorin da keine Ausnahme. „Mitkommen.“ Dieses Wort war schon fast ein Befehl, wobei er jegliche Freundlichkeit abgelegt hatte. Sie erreichten das Gebäude etwa in dem Moment als Salina aus Viktors Wagen ausstieg. „Das ist sie.“, erklärte er knapp und beobachtete jede noch so kleine ihrer Bewegungen aus den Schatten einer nahen Gasse heraus. Noch wollte er schließlich unentdeckt bleiben, aber das würde nicht mehr lange so bleiben. Ein erschreckend gieriges Lächeln verlieh seinem Gesicht eine irre Note. So kurz vor seinem Ziel spürte man die erregte Spannung, die sich in ihm mit der grenzenlosen Vorfreude auf ein neues Spielzeug mischte.
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Archibald hatte so viel Aufmerksamkeit gefordert, dass Salina kaum von der Haustür weg kam. Letztenendes hatte er sie sogar umgestoßen, wenn auch unbeabsichtigt, und lag nun halbwegs auf ihrem Schoß, während sie sein Gefieder und sein Fell streichelte. Vor allem am Flügelansatz. Immer, wenn sie ihn zwischen seinen Flügeln kraulte, ließ sich Archibald buchstäblich einfach fallen und Salina war froh, dass er ohnehin schon auf ihren Beinen lag.
Schließlich aber schon sie ihn von sich runter und stand auf. Auf dem Weg in die Küche tapste ihr Gefährte krächzend hinterher und lief um sie herum, wie eine Katze, die auf ihr Futter wartete. Salina blieb also nichts anderes übrig, als ihren Freund zu füttern. Nur gut, dass er nichts gegen das Fleisch vom Discounter hatte.
Während Archibald genüsslich siene Schweine-Minutenschnitzel verdrückte und glücklicher nicht hätte sein können, ließ sich Salina in ihrer kleinen Wohnung auf ihr Bett fallen, unter dem sich Archibald für gewöhnlich verkroch, wenn sie ging. Sie hatten das ganze ein paar Tage üben müssen, bis er verstanden hatte, dass er sich ruhig verhalten musste, wenn sie weg war, aer inzwischen klappte es ganz gut, solange sie nicht länger als ein paar Stunden weg war. Mit ihren Arbeitszeiten kam er mittlerweile zurecht, aber ein Mal war sie nach der Arbeit noch bei ihren Eltern gewesen und in der Zeit hatte Archibald beinahe die Wohnung zerlegt.
Müde schloss sie die Augen und hörte dem Schlemmen zu, das am Fußende ihres Bettes stattfand. Ihre Gedanken wanderten zu Viktor und gleichzeitig legte sie ihre Hand wieder auf den Anhänger, den sie nur zum Schlafen oder Duschen ablegte. „Was zum Teufel mach ich bloß?“, fragte sie sich selbst und überlegte wieder mal, ob es tatsächlich so klug war, sich in Viktor verliebt zu haben. Aber abgesehen vom Altersunterschied, der ihr seltsamerweise nichts ausmachte, konnte sie einfach keine Gründe feststellen, ihn sich aus dem Kopf zu schlagen. Abgesehen von dem seltsamen Gefühl der Vertrautheit, das sie immer überkam, wenn er in ihrer Nähe war. Dieses Gefühl war schon bei ihrem ersten Treffen da gewesen und sie hatte sich lange gewundert, bevor sie beschlossen hatte, es einfach nicht weiter erschließen zu wollen.
Irgendwas an Viktor kam ihr so bekannt vor, aber es war nichts äußerliches. Auch keinen seiner Charakterzüge hatte sie jemals bei anderen Menschen erlebt, wenn man mal von üblichen Umgangsformen absah. Es war wirklich einfach nur dieses Gefühl dass da irgendwas war, das sie teilten. Doch sie kam einfach nicht darauf, was es war...
Sie hörte, wie Archibald sein Mahl beendete, also stand sie auf, räumte den Teller weg, auf dem sie ihm sein Fleisch serviert hatte und streichelte ihn noch kurz, bevor er sich in die hinterste Ecke verkroch: zwischen Sofa und Wand. Mit Blick auf die Balkontür, die Salina kurz vorm Schlafengehen noch einen Spalt breit öffnete. Sie brauchte Nachts einfach etwas Frischluft. Und da die Schere der Tür kaputt war, konnte sie sie leider nicht mehr kippen. Sie verließ sich darauf, dass Archibald sie zu schob, wenn der Wind sie zu weit öffnete. So klappte das schon eine ganze Weile.
Sorins Hunger nach Abwechslung war nahezu greifbar und der Blick, mit dem er dem Mädchen hinterher sah, gefiel Ravesca nicht, obwohl sie wusste, dass es keinen sexuellen Hintergrund für ihn gab. Zumindest redete sie es sich ein, um das Mädchen nicht in der Luft zu zerreißen. Immerhin brauchten sie ihre Kraft.
Schweigend und verschmolzen mit der Nacht hielt sich Ravesca im Hintergrund und beobachtete ebenso wie ihr Gefährte, wie das Mädchen ins Haus trat und durchs Treppenhaus, vorbei an erleuchteten Fenstern, Stockwerk um Stockwerk weiter nach oben ging. Im 4. Stock blieb sie schließlich stehen und in einer Wohnung rechts vom Treppenhaus ging Licht an, mehr konnte man aus ihrer Position aber nicht sehen.
„Also, was meinst du? Sollen wir sie uns holen?“ fragte Ravesca mit einem zweideutigen Unterton, Schlug ihren Mantel zurück und nahm wieder ihre wahre Form an.

„Oh ja, das sollten wir.“, raunte Sorin mit tiefer, rauer Stimme auf Ravescas Frage. Er spürte ihre Eifersucht ganz deutlich und musste innerlich lachen. Er hätte lügen müsse, hätte er behauptet, dass es ihm nicht gefiel von dieser Frau so begehrt zu werden, aber im Moment gab es Wichtigeres zu tun. Sie brauchten dieses Mädchen. Vergnüglicheren Dingen konnten sie sich widmen, sobald sie sie sicher in ihrem Versteck deponiert hatten.
Der Wagen war weg, das Mädchen war in seiner Wohnung und ganz langsam, ging Sorin zur Haustür. Er wartet einen Moment um ganz sicher zu gehen, dass niemand in der Nähe war, dann rammte er kurz seine Schulter gegen die Tür und brach dabei die Verriegelung fast lautlos entzwei.
Salinas Präsenz, bzw. die Präsenz, die sie der ganzen Zeit gefolgt waren, war immer deutlicher zu spüren, bis die beiden schließlich vor ihrer Wohnungstür ankamen. Wieder ein kurzer Stoß und die Tür gab nach. Das Geräusch war nicht laut genug, als das sich irgendwelche Nachbarn ernsthaft Gedanken darüber machen würden, aber die Bewohnerin der Wohnung hatte es sehr wahrscheinlich schon mitbekommen. Schnellen, zielstrebigen Schrittes durchquerte er die Wohnung und erreichte schließlich Salinas Schlafzimmer. Mit einem zufriedenen, finsteren Lächeln auf den Lippen, sah er auf das Mädchen hinab. Endlich. Grob packte er sie am Kragen und hab sie hoch. Etwas skeptisch beäugte er das Mädchen. „Na, besonders stark wirkst du ja nicht.“, bemerkte er abfällig. Mit einer unscheinbaren Bewegung seiner freien Hand infizierte er sie mit einer kleinen Seuche. Nichts wirklich gefährliches, aber ausreichend, damit das plötzlich aufsteigende Fieber in ihr, ihr das Bewusstsein raubte und ihr jegliche Gegenwehr unmöglich machte. Es hatte schon seine Vorteile ein Meister der Seuchen und Krankheiten zu sein. Als wäre sie ein zu warmes Kleidungsstück, dessen man sich soeben entledigt hatte, warf Sorin sich den schlaffen Körper des Mädchens über die Schulter und wendete sich bereits um einiges zufriedener an Ravesca. „Lass uns gehen.“
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Als für das Mädchen die Lichter ausgingen, huschte ein Lächeln über Ravescas Lippen. Das Mädchen fiel schlaff in sich zusammen wie ein nasser Sack und Sorin fing sie mit einer Leichtigkeit auf, die Ravesca jedes Mal aufs neue Zeugin seiner Kraft werden ließ. Als wöge die junge Frau nichts, machte er sich daran zu gehen und sie wollte ihm schon folgen, als sie vom Fenster her eine Art Fauchen hörte, vielleicht war es aber auch ein knurren.
Verwundert drehte sie sich um und erblickte zu ihrer Überraschung einen leibhaftigen, lebendigen Greif, wenn auch einen sehr jungen. Das weiße Geschöpf baute sich so bedrohlich wie es eben ging vor ihr auf, blickte sie finster an und schien überhaupt nicht begeistert vom Geschehen. Mit einer genervten Geste schleuderte sie dem Vieh einen Feuerball entgegen, der ihn durch die Fensterscheibe schleuderte und sie hörte mit tiefer Genugtuung, wie der kleine Körper unten in der Gasse in ein paar Tonnen krachte. Lächelnd wandte sie sich wieder zu Sorin um.
„Sollen wir dann?“, fragte sie entspannt und gelöst und ging schon auf die Tür zu.
Als die Sonne schließlich aufging, rührte sich etwas in den verbeulten Mülltonnen unterm zerborstenen Fenster. Leise und kläglich krächzend, schleppte sich der kleine Greif aus den Überresten von Mahlzeiten, Haushaltsmüll und dem, was wohl mal Tonnen gewesen waren, bevor er aus dem dritten Stock in sie hineingekracht war.
Verloren sah sich das Geschöpf um und suchte nach Anzeichen, die auf sein Frauchen hinwiesen, aber er konnte nichts ausmachen. Verzweifelt flatterte er mit seinen demolierten Flügeln, bis sich die Federn so weit gerichtet hatten, dass er fliegen konnte. Dann schwang er sich in die Luft und flog über die Stadt hinweg, immer auf der Suche nach der bekannten Signatur. Nach einer Stunde der Suche fand er schließlich eine schwache Spur und flatterte ihr aufgeregt nach. In den Bereichen der Stadt, in denen die Gebäude weiter voneinander entfernt standen, wurde die Signatur immer stärker, bis der Greif schließlich vor einer großen Villa landete und aufgeregt krächzend und quakend an der Haustür kratze.

Lucius war an diesem Tag wohl der erste, der aus seinem Schlaf erwachte. Er hatte ganz furchtbar geschlafen und genau so fühlte er sich jetzt auch. Die Sorgen vom Vorabend hatten ihn durch die Nacht hinweg begleitet und ließen ihm auch nun keine Ruhe. Mittlerweile hatte er sich selbst irgendwie aus dem Bett bis ins Bad gezwungen und konnte sich nun sein sichtlich müdes Gesicht im Spiegel betrachten. Mit geschlossenen Augen rieb er sich die Schläfen. „Warum tu ich mir das eigentlich an?“, fragte er sich seufzend bevor er die Augen wieder öffnete, der Anblick wurde allerdings nicht wirklich verbessert. Also entschloss er sich zunächst für eine heiße Dusche. Danach fühlte er sich schon um einiges besser. Jetzt noch eine Rasur, etwas Make-Up und der Vorzeigeengel war wieder komplett. Sogar sein übermotiviertes, selbstgefälliges Lächeln hatte zurück auf seinen Platz gefunden. Schnell in einen frischen italienischen Anzug geschlüpft, er musste sich unbedingt noch bei Viktor bedanken, dieser Mann hatte ein unglaublich gutes Händchen für Anzüge, und schon war er bereit für den Tag.
Seine eben erst erlangte gute Laune drohte bereits wieder zu erlöschen, als er auf dem Weg in die Küche die Präsenz von Ember wahr nahm. Sie schlief also noch. Zu seiner Verwunderung schien sie allerdings nicht in ihrem oder Liams Zimmer zu schlafen. Die Präsenz kam ganz eindeutig aus dem Raum neben dem Salon. Lucius ahnte Übles. Konnte sie ihre Kraft doch kontrollieren und gezielt einsetzen? Und was machte sie gerade? Lautlos ließ er seinen Stab erscheinen und schlich sich in den den Raum. Zunächst konnte er niemanden ausmachen, erst als weiter in den Raum hinein gegangen war erkannte er Viktor und Ember, die dicht aneinander gekuschelt unter dem Tisch lagen und schliefen. Seufzend verdrehte er die Augen. Mit einer kurzen Bewegung seiner linken Hand ließ er den beiden ein wenig Licht ins Gesicht scheinen und klopfte zeitgleich mit seinem Stab auf den Marmorboden das es nur so durch den Raum hallte. Viktor öffnete zuerst die Augen und spürte noch ganz kurz Embers Präsenz, bevor diese verschwand und auch das Mädchen erwachte. So dicht an ihrer Seite hatte ihre Präsenz unfassbare Intensität und anders als bei den Engeln, die eine natürliche Abneigung gegen sie verspürten, hatte sie auf Viktor als Dämon fast eine berauschende Wirkung. Entsprechend gut gelaunt begrüßte er das Mädchen, das noch immer in seinen Armen lag. „Guten Morgen, Ember.“ „Morgen, Viky.“, antwortete sie verschlafen und streckte sich ausgiebig.
Lucius räusperte sich geräuschvoll. „Ja, ja, guten Morgen. Und jetzt sei so gut und steh von ihm auf.“, verlangte er etwas harsch. Es widerstrebte ihm sie so nah an seinem Schützling zu sehen, in einer solchen Situation. Zum einen: selbst wenn Ember vielleicht nichts böses im Sinn hatte, so schien sie im Schlaf eine Art wahllose Zerstörung zu erzeugen, nichts was Lucius gerne in Viktors Nähe wusste,erst recht nicht wenn dieser wehrlos schlief. Und zum anderen wirkte die ganze Situation so furchtbar falsch auf ihn. Er traute Viktor eine solche Dummheit nicht zu, aber nun ja, er war nun mal sein Schützling und so wie Liam am Vorabend aus dem Wunsch heraus Ember beschützen zu wollen überreagiert hatte, so fiel es auch Lucius gerade nicht leicht die Kontrolle zu behalten. Ember rappelte sich genervt seufzend auf. „Wirst du jetzt stutenbissig, oder was? Er ist noch ganz und wir haben auch keine Scheiße gebaut, also krieg dich wieder ein.“, schnauzte sie ihn an und ging in Richtung Küche. Während Viktor und Lucius noch darüber diskutierten ob Lucius' Reaktion wirklich notwendig gewesen war, wurde Ember von dem kratzenden Geräusch an der Haustür abgelenkt. Als sie diese neugierig öffnete wurden ihre Augen groß. „Ähm, Leute? Das solltet ihr euch vielleicht mal ansehn!“, rief sie und ging langsam mit ausgestreckter Hand auf das kleine Wesen zu, gerade so, wie Liam es bei ihrem Drachen getan hatte.
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Als sich vor dem kleinen Wesen die Haustür öffnete und er ein ihm fremdes Gesicht zu sehen bekam, erstarrte er förmlich und hielt mitten in der Bewegung inne. Einige Sekunden lang musterte er sein Gegenüber ohne auch nur zu zucken, ehe er schließlich die Klaue sinken ließ, mit der er an der Tür gekratzt hatte und den Kopf schief legte.
Das da vor ihm war nicht sein Frauchen, aber die Signatur war die gleiche. Die Verwirrung stand dem jungen Greifen ins Gesicht geschrieben und sie wurde nur noch größer, als das Mädchen näher kam. Er zuckte zurück, bevor sie ihn berühren konnte, floh aber nicht. Viel eher musterte er sie weiterhin und schien nach Ähnlichkeiten zu seinem Frauchen zu suchen, die die Fremde als potenziell freundlich auswiesen. Aber das einzige, was er feststellen konnte, war die Signatur, was ihn schließlich dazu brachte vorsichtig näher zu kommen und an der Hand zu schnuppern. Stets mit skeptischem Blick und angespanntem Körper kam er schließlich so nah, dass er sich sogar berühren ließ.
In einem fremden Apartment in einem anderen Teil der Stadt kam Salina langsam wieder zu sich. Sie fühlte sich elend, müde und dehydriert. Ihr Hals war staubtrocken und sie hustete einige Male heftig, sodass ihre Brust schmerzte. Als sie sich aufrichtete, um besser Luft zu bekommen, überfiel sie ein plötzlicher Schwindelanfall und sie sank zurück auf das Sofa, auf dem sie lag. Warum zum Teufel war ihr nur so heiß?
Als sie sich nach einem Fenster suchend umsah, stellte sie fest, dass sie keine Ahnung hatte, wo sie war und zu dem Hitzegefühl kam Angst hinzu. Ihr fiel wieder ein, was passiert war, wenn auch nur lückenhaft. Aber jemand war bei ihr eingebrochen und hatte sie irgendwie ausgeknockt. Warum auch immer.
Wieder richtete sie sich auf, dieses Mal langsamer, und nahm ihre Umgebung genauer in Augenschein. Wo sie auch war, es sah zumindest nach einer normalen Wohnung aus. Nur leider eben nicht nach ihrer…

„Hey, keine Angst, kleines Kerlchen. Ich tu dir schon nichts. Versprochen.“, redete Ember auf das misstrauische Wesen vor sich ein. Sie hatte sich möglichst klein gemacht um nicht allzu bedrohlich zu wirken und hielt ihm ihre Hand nun still hin, damit er selbst entscheiden konnte, wie nah er sich herantrauen würde. Das leise Klacken von Krallen auf Marmorboden war zu hören, als sich nun auch Embers Drache langsam aus der Küche hinzugesellte. Neugierig kletterte er auf Embers Rücken und beobachtete den Neuankömmling über ihre Schulter hinweg. Fast zeitgleich kamen auch Lucius und Victor bei der Tür und dem außergewöhnlichen Besucher an. „Zippo? Tu mir einen gefallen und hol Liam her. Ok, Kleiner?“, bat Ember ruhig wobei sie ihren Drachen nicht ansah sondern ihren Blick auf den Greifen ruhen ließ, Immerhin schien er langsam ein wenig Mut zu bekommen. Zippo hopste von dem Rücken des Mädchens und machte sich flink auf in den Bereich des Hauses, wo sich die Schlafzimmer befanden. Er kannte den Weg zu Liam in und auswendig. Denn wenn er nicht gerade in der Nähe von Ember war, suchte er fast wie instinktiv die Gesellschaft von Liam.
„Ist das wirklich ein junger Greif? Ich habe seit ein paar hundert Jahren keinen leibhaftigen Greif mehr gesehen.“, stellte Lucius verwundert fest und kam der Situation vorsichtig näher. Auch Viktor riskierte einen Blick, hielt sich aber möglichst im Hintergrund um das Wesen nicht zu sehr in Bedrängnis zu bringen. „Es hat an der Tür gekratzt. Vielleicht will es zu Vicky.“, meinte Ember und warf einen kurzen Blick zum eben erwähnten.
Bevor dieser etwas erwidern konnte, kam auch schon Zippo von seinem Botengang zurück. In seinem Maul schleifte er eine Bettdecke hinter sich her, die sehr wahrscheinlich vor kurzem noch einem gewissen Engel eingehüllt hatte. Zippos Blick hatte ohne Frage etwas stolzes und triumphierendes angenommen, als er die Decke neben Ember liegen lies und es sich darauf gemütlich machte. Den Besucher beäugte er dabei höchst neugierig.
„Wie ich sehe bist du endlich aufgewacht. Das wurde aber auch Zeit.“, begrüßte Sorin das Mädchen, als er das Zimmer betrat. „Ich muss zugeben, ich hatte mir etwas mehr von dir erhofft, Kleines. Um einiges mehr, wenn ich ehrlich bin.“ Er beäugte sie einen Moment skeptisch. Sie sah furchtbar aus: schwach, ängstlich und in keinster Weise der Bezeichnung 'Dämon' würdig. Kurz dachte er darüber nach sie zunächst für seine niedereren Bedürfnisse zu missbrauchen um vielleicht dabei ein wenig ihres Potenzials hervorzulocken, entschied sich dann aber schnell gegen dieses Vorhaben. Zwar belustigte ihn die Vorstellung ungemein, welche Auswirkungen ein solches Handeln auf Ravesca und deren Eifersucht haben könnte, allerdings brauchten sie das Mädchen vielleicht doch noch, da war es nicht die beste Idee sie wissentlich zur Erzfeindinn seiner Partnerin zu machen.
„Oh, wo sind nur meine Manieren geblieben? Mein Name ist Sorin tan Saris (Sohn des Saris). Aber du kannst mich einfach Meister nennen. Im Übrigen bin ich derjenige, den du mit deinen Kräften versuchen solltest zu beeindrucken, wenn du nicht möchtest, dass wir uns deiner entledigen. Verstanden?“, fragte er während er sie von oben herab weiter begutachtete ohne auch nur zu versuchen seine Blicke diskret zu halten.
? Ich habe meine Seele nicht an den Teufel verkauft... ?
? Ðer Teufel hat seine Seele an mich verkauft! ?

Skeptisch beäugte der junge Greif die Neuankömmlinge, zuckte erneut ein wenig zurück und legte den Kopf schief. Sein Blick ruhte auf dem großen Weißhaarigen, der ihm seltsam bekannt schien. Vorsichtig blickte er noch einmal zu Ember und ihrem Drachen, mogelte sich dann an ihnen vorbei ins Haus und kam über die Marmorfließen, auf denen seine Krallen ein klackendes Geräusch verursachten, auf den Hausbesitzer zu. Kurz vor dessen Füßen blieb der Greif stehen und beäugte sein Gegenüber eingehend. Ein leises Krächzen entrang sich seiner Kehle, als er den Kopf schief legte und schließlich so nah kam, dass er an Viktors Füßen und Beinen schnupperte. Sekunden später fuhr der junge Greif hoch und starrte in die Augen des Mannes, den er erkannt zu haben schien. Aufgeregt schlug sein Schweif hin und her, er trappelte auf der Stelle hin und her und begann, Viktor anzukrächzen. Dann sprang er zu Ember, wieder zurück und wiederholte das Spiel.
Als der Besucher, ein riesiger, breitschultriger Kerl, den Raum betrat, zuckte Salina zusammen und raffte instinktiv die Decke zusammen, als wolle sie einen Schutzschild hochziehen. Nur war der dünne Stoff alles andere als geeignet, um ihr Schutz zu bieten. Was dieser Mann da redete machte keinen Sinn, ebenso wenig wie die Tatsache, dass er sie offenbar mitgenommen hatte. Alles, was Salina mit Sicherheit wusste, war, dass sie Angst hatte. Seine Vorstellung und die anschließende Drohung halfen da wenig. Allerdings beschlich sie auch das Gefühl, dass sie wohl nicht mehr lang in einem Stück bleiben würde, wenn sie ihn anschwieg.
„Was für Kräfte meinen Sie?“, fragte sie schließlich reichlich verwirrt, krallte sich wie verzweifelt an die Decke und zog sie an ihre Brust.

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