"Erbärmlich schwach, nicht wahr?" Ganz plötzlich tauchte Vincent vor ihr auf und kniete sich hin. Mit einer Hand hob er leicht ihr Gesicht an, damit er ihr in die Augen sehen konnte. "Panik ist dein schlimmster Feind. Wenn du panisch wirst, machst du Fehler und verbrauchst deine Energie zu schnell und vor allem sinnlos. Wichtig ist, dass du, egal in welcher Situation du dich befindest, Ruhe bewahrst. Und jetzt hör auf zu weinen." Mit dem Daumen strich er ihr eine Träne von der Wange, dann lächelte er sanft. "Steh auf. Na komm." Er erhob sich und bot ihr seine Hand an.

Statt zu antworten bohre ihr Vincent eine weitere, aber diesmal längere Nadel in die Schulter, dann nahm er sie auf den Arm. "Jetzt gehen wir zurück. Deine Lektion für heute ist beendet. Ich bring dich nach Hause. Wehr dich nicht gegen das Gegengift. Du wirst wahrscheinlich ohnmächtig, aber das ist normal. Schlaf einfach." Dann lösten sich beide auf und standen Sekunden später wieder in der Halle. Dort legte Vincent Fey auf eines der Sofas und setzte sich in den Sessel gegenüber, wobei er sie genau beobachtete.

"Längst nicht so gut wie du. Dein Talent hat sie nicht geerbt. Aber sie war recht kreativ." Vincent lächelte schief, wendete den Blick aber nicht von Dey ab. "Sie wird eine gute Schülerin sein."

"Natürlich. Ich werde mich auch mal ein bisschen entspannen. Und du kennst das ja: Fey wird vor morgen früh nicht einmal aufwachen. Das Gegengift hat eben auch so seine Nebenwirkungen. Und ich hab sie ganz schön gefordert, da draußen." Vincent lächelte schief und lehnte sich dann zurück und zog sein Gewehr hervor, auf dem noch immer ein Blutfleck zu sehen war. Und wieder begann er, den Lauf zu polieren und daran zu arbeiten, den Fleck loszuwerden.

Als Dante seine Tochter in ein anderes Zimmer trug sah Vincent ihm aus dem Augenwinkel nach. Er hatte den Hass in Dantes Gedanken gesehen, aber damit musste der Höllenprinz leben, wenn er wollte, dass seine Tochter überlebensfähig war

"Du sagtest, dass sie schon teilweise von ihrer Mutter ausgebildet wurde. Ich wollte sehen, wie weit ihre Kenntnisse und Fähigkeiten reichen. Ich muss zugeben, ein bisschen enttäuscht war ich schon, aber sie wird ihre Sache gut machen. Nur wird ihre Ausbildung eben ein wenig anspruchsvoller als die deine sein, mein lieber Dante. Sie ist schließlich schon etwas älter als du, als du mit deinem Trining begonnen hast."

"Keine Bange, Dante. Aber tust du mir im Gegenzug auch einen Gefallen? Hörst du bitte auf, dich so aufzuregen? Ich weiß sie ist deine Tochter, aber gerade deshalb sollte man sie NICHT mit Samthandschuhen anfassen. Und das weißt du auch ganz genau." Vincents Stimme war völlig ruhig und gelassen, während er sprach und er sah nur einmal ganz kurz zu Dante auf. Danach polierte er weiter am Gewehrlauf herum.

"Stimmt. Es ist mir egal. Denn das könntest du nicht. Für mich zählt jetzt nur ihre Ausbildung, sofern mir dein Vater keinen weiteren Auftrag geben sollte."