Noch als seine Herrin bereits verschwunden war, behielt Xenox seine Haltung bei. Er wusste ehrlich nicht, was er davon halten sollte. //Fey hat mir einen Kuss gegeben?// Für diesen Gedanken hätte er sich am liebsten geohrfeigt. Allein aus dem Grund, dass es SEIN GEDANKE war. Aber er hatte nicht einmal 'HERRIN' gedacht. Er hatte an ihren Vornamen gedacht. Und das war inakzeptabel. Er war ein Werkzeug, ein Diener, ein Wächter. Aber er war KEIN lebendes Wesen. Er war KEINE Person. Er war ETWAS, dass benutzt wurde, dem Befehle erteil wurden und die er, ohne zu murren auszuführen hatte. Und zwar zur vollkommenen Zufriedenheit seines Meisters. Nichts weiter. Mehr war er nicht. Er war nur ein ETWAS, das auch noch einen Namen bekommen hatte. Xenox...der Fremde...der Gast. Nicht Xenox, das lebende Wesen.

Xenox erhob sich schließich. Seine Loyalitätsagte ihm, er solle sitzen bleiben und weiter wache halten. Aber ein TEIL von ihm, ein anderer unbekannter Teil, machte ihn unkonzentriert und ruhelos. Vielleicht war es die Tatsache, dass er auf einmal anfing, sich Gedanken zu machen. Sonst hatte er doch immer nur GEHANDELT. Und plötzlich DACHTE er?! Er ging an den Rand des Daches, sah sich nochmals um. Nichts. Nichts bedrohliches, nichts verdächtiges, nichts ungewöhnliches. NICHTS.
Er zog einen kleinen Zettel aus seiner Tasche. Einen der vielen, die mit Bluttinte beschriftet waren, und auf denen die Wahrheit stand. Auf diesem stand der Satz 'Du bist frei.' Vor langer Zeit hatte er ihn einem Menschen geraubt. Der Grund war ein damaliger Befehl, für den er diesen Satz gebraucht hatte. Doch er besaß den Satz noch immer. Noch immer hielt er Freiheit in seinen Händen. Doch heute, ZUM ERSTEN MAL, dachte er daran, wie es wäre, frei zu sein.
Er las den Satz wieder und wieder, doch es half nichts. Seine eigene Wahrheit bewirkte bei ihm nicht das geringste. NICHTS. //Was tue ich denn da?! Ich will frei sein?!// Er knüllte den Zettel zusammen, warf ihn hinter sich auf das Dach. In der nächsten Sekunde schickte er einen Feuerball hinterher. Der Zettel explodierte, löste sich in Asche auf und wurde vom nächsten Windhauch davongetragen. Wütend starrte Xenox auf die Stelle, an der soeben ein Stück Wahrheit verbrannt war. Dorthin, wo jetzt ein schwarzer Fleck auf dem Dach zu sehen war.

Unten in der Halle zuckte Sylvana leicht zusammen, als das Grollen der kleinen Explosion in der Halle klang. (In der Halle hallte klingt einfach scheiße >.<) "Was war das denn?"

Sofort fiel Xenox auf die Knie. "Meister. Nein es...es war nichts. Alles in Ordnung." Er schluckte.

Xenox wandte den Blick ab. "Ich habe nur", sein Hals war schrecklich trocken und auch sein Mund glich einer Wüste. Kurz fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen. "Es war ein Vogel...Ich habe nur ein wenig Zielen geübt. Verzeiht, wenn ich euch gestört haben sollte, Meister."

Erleichtert atmete Xenox auf. Es war mehr ein Seufzen, als ein Aufatmen. Er schloss für einen Moment die Augen und ließ sich dann auf den Rücken fallen. Eine Hand legte er auf seine Augenbinde.
Warum nur war er plötzlich so....menschlich? Als wäre er wirklich eine Person. Genau so benahm er sich gerade... Jahrhunderte lang hatte er immer treu und gewissenhaft gedient und war nie ins Wanken geraten. Warum JETZT?

"Na? Wie geht's deinem Schützling, Diener, wie auch immmer?" Sylvana lächelte leicht und sah von unten zu Dante herauf.

Xenox sprang auf und verneigte sich hastig. "Sehr wohl, Herrin. Ich werde euch begleiten. Doch wenn ihr erlaubt, möchte ich euch bitten, auch meinen Meister davon zu unterrichten."

Xenox wartete vor der Halle auf seine Herrin. Es war ein Auftrag. Ein Befehl. Etwas, was er tun musste. Etwas, das für ihn normal war und ihn vielleicht wieder beruhigte. Gut. Aber er hatte gar keinen Grund aufgebracht zu sein. Im Grunde, hatte er doch gar keine Gefühle mehr. Alles was er noch empfand waren Loyalität und verachtung seinen Feinden gegenüber.

Xenox zog seine Hand zurück, sobald sie das Ziel erreicht hatten. Er schloss kurz die Augen und lauschte. Neun Lichtfeen und ein Mensch befanden sich hinter den Mauern. Das würde nicht lang sauern, wenn er seine Opfer nur ansehen musste. "Ihr wollt meine Augen in Aktion sehen, Herrin? Wirklich?"